Film Daten

Titel:
Titus
Originaltitel:
Titus
Land & Jahr:
USA 1999
Laufzeit ca.: ?
160 Min.
Regie:
Julie Taymor
Darsteller:
Osheen Jones
Dario D'Ambrosi
Anthony Hopkins
Jessica Lange
Raz Degan
Jonathan Rhys-Meyers
Matthew Rhys
Harry J. Lennix
Angus MacFadyen
Kenny Doughty
Blake Ritson
Colin Wells
Ettore Geri
Alan Cumming
Constantine Gregory
Weitere Infos:
IMDB  OFDB

DVD Daten

DVD Cover - 20th Century Fox
Label:
20th Century Fox
Regionalcode / Norm:
1 / NTSC
Bild / Zeit:
2.35:1 (anamorph) / k.A.
Sprachen/Ton:
Englisch - Dolby Surround
Englisch - DD 5.1
Untertitel:
Englisch, Spanisch
Extras:
  • Disk 1:
    Audiokommentar von Julia Taymor und Elliot Goldenthal (Musik)
  • Szenenspezifischer Kommentar von Anthony Hopkins und Harry J. Lennix
  • Disk 2:
    49-minütige Dokumentation zu den Dreharbeiten
  • "Question & Answer with Julia Taymor"
  • Kostümgallerie
  • Trailer

Titus

(Ein Review von Carsten Henkelmann)

Titus Andronicus (Anthony Hopkins) kehrt siegreich, allerdings unter dem Verlust von 21 seiner 25 Söhne, von einem Feldzug gegen die Goten zurück. Deren Königin Tamora (Jessica Lange) und ihre drei Söhne befinden sich in seiner Gefangenschaft und als Ausgleich für seine verlorenen Söhne, wird Tamoras Erstgeborener umgebracht. Derweil buhlen in Rom Saturninus (Alan Cumming) und sein Bruder Bassianus (James Frain) um die Vormachtstellung in der Hauptstadt. Titus wählt als letzte Tat seiner Regierung Saturninus als seinen Nachfolger aus. Dieser verschlagene und nur auf sich bedachte Kerl fordert bei seinem Amtsantritt, daß Titus Tochter Lavinia (Laura Fraser) seine Frau wird. Die ist aber bereits glücklich mit Bassianus zusammen und die beiden flüchten. Titus vier verbliebene Söhne stellen sich auf die Seite ihrer Schwester. Titus verfolgt sie und tötet dabei sogar einen seiner Söhne, der zurückgeblieben um den anderen Zeit und Abstand zu verschaffen.

Titus - ScreenshotTitus - Screenshot

Titus kann nun endgültig keinen Einfluß mehr geltend machen. Tamora, Titus Kriegsgegnerin, die auf grausame Rache für ihren ermordeten Sohn sinnt, wird Saturninus Frau und bekommt somit eine enorme Machtstellung. Saturninus gibt später schließlich vor, Lavinia und Bassianus zu verzeihen und lädt alle zu einer Triebjagd ein. Aaron (Harry J. Lennix), Tamoras Diener und heimlicher Liebhaber, fädelt eine Intrige um Titus und alle in seinem Umfeld zu schädigen. Tamora und Aaron werden während der Jagd, als sie alleine in einem Waldstück sind, von Bassianus und Lavinia erwischt. Bassianus muß das aber mit seinem Leben bezahlen und Lavinia ist den verrückten Söhnen Tamoras, Chiron (Jonathan Rhys-Meyer) und Demetrius (Matthew Rhys), ausgeliefert. Diese vergewaltigen sie, schneiden ihr die Zunge und die Hände ab, damit sie niemandem sagen kann, wer Bassianus umgebracht und ihr die Schmach angetan hat...

Was haben wir denn hier? Eine Produktion im Vertrieb von 20th Century Fox, mit Anthony Hopkins und Jessica Lange in den Hauptrollen, Verfilmung eines Shakespeare-Stückes, eigentlich ein recht beliebter Bereich mit Filmen wie Ein Sommernachtstraum und vor allem Viel Lärm um Nichts, und bislang kein deutscher Kinostart? Was ist los?

Titus - ScreenshotTitus - Screenshot

Titus Andronicus, so der Originaltitel des Shakespearestücks, ist eines seiner ersten, allerdings auch weniger bekannten Werke. Es ist im Gegensatz zu den eher komödiantisch angehauchten Shakespeare-Stücken ein recht komplexes und teilweise blutiges Werk, was die Laufzeit von knapp 160 Minuten durchaus rechtfertigt. Der Film übersättigt einfach beim ersten Anschauen. Man hat wirklich ein paar Probleme die Zusammenhänge im Auge zu behalten und trotzdem sich an der Schönheit der Bilder zu erfreuen. Wenn man den Film, so wie ich, im englischen Original gesehen hat, bleibt einem auch gar nichts anderes übrig, als den Film noch ein zweites oder drittes Mal anzuschauen um wirklich alle Zusammenhänge und Gegebenheiten zu verstehen. Und dabei beziehe ich mich nicht mal auf die Sprache an sich. Denn das hier gesprochene Englisch wird einigermaßen klar und deutlich von den Schauspielern rübergebracht, auch wenn es in den Worten Shakespeares gesprochen wird (Beispiel: "No son of mine. Nor thou, nor these, confederates in the deed, that hath dishonored our family."). Und so gehört es sich ja wohl für ein Stück dieser Art.

Womit die meisten wahrscheinlich ein Problem haben werden, ist die recht moderne Art, mit der dieses Werk umgesetzt wurde. Die Handlung spielt zwar in und um Rom, allerdings scheint sich dieses in einer Parallelwelt zu befinden. Je nachdem, um welchen Handlungsstrang oder welche Person es geht, vermischen sich Stile von Dekanden und Jahrhunderten zu einer eigenwilligen, aber seltsamerweise gut funktionierenden Mischung. Titus Kriegsmänner sind gekleidet in traditioneller Rüstung, fahren aber Motorräder und Panzer. Saturninus umgibt der Glamour der 30er und 40er Jahre, mit Anlehungen an die SS-Zeit in Deutschland. Titus Kleidung weist Parallelen auf seinen inneren, seelischen Zustand auf. Zu Anfang ist er der stolze Kriegsherr, in beeindruckender Rüstung. Später, mit mehr und mehr persönlichen Niederschlägen, wandelt sich auch seine Kleidung, so daß er gegen Ende fast wie ein Bauer wirkt. Die Chaos-verbreitenden Söhne Tamoras sind die Punks der Neuzeit, mit Spielautomaten in ihren Räumen, Industrial-Musik und Pepsi-Dosen.

Titus - ScreenshotTitus - Screenshot

Solch ein anspruchsvoller Film verlangt natürlich nach einer anständigen Präsentation und wenn man sich den Film schon hierzulande nicht im Kino anschauen kann, so bleibt nur die US-DVD. Die kommt gleich als fette Collector's Edition auf 2 DVDs. Wie es sich für einen Film neueren Datums gehört, ist die Bildqualität Zucker. Der Soundtrack kommt in digitalem 5.1 Ton, begleitend zum Film gibt es gleich 2 Audio-Kommentare. Der erste ist von Regisseurin Julie Taymor selber und man merkt, mit wieviel Einsatz und Herzblut sie bei ihrem Regiedebüt dabei war. Sie hat viel interessantes zu erzählen und verschweigt dabei auch nicht die Probleme, die teilweise beim Drehen auftraten. Es war erstmal äußerst schwierig eine Produktionsfirma zu finden, die bereit war, dieses komplexe (und wenig gewinnversprechende) Projekt zu finanzieren. Gedreht wurde teilweise in Kroatien, der größte Teil jedoch, vor allem die Gebäude- und Innenraumaufnahmen, entstanden im italienischen Cinecita-Komplex, in dem schon unzählige Klassiker des italienischen Kinos entstanden und Regisseure wie Fellini oder Pasolini dort praktisch zuhause waren. Die Schauspieler hatten nur das Pech, daß der Großteil der Dreharbeiten über die Wintermonate stattfand und sie so manches Mal in spärlicher Bekleidung sich draußen einen abfroren...

Der Rest des Bonusmaterials kann sich ebenfalls sehen lassen. Auf der 2. DVD gibt es als erstes eine Aufnahme, wo Julie Taymor vor Filmstudenten einer amerikanischen Universität auftritt und dort einiges über den Film und seine Entstehung zum besten gibt. Das fast 50-minütige Making-Of wird seinem Namen vollends gerechnet, im Gegensatz zu diesen dämlichen 5-10 Minuten Features von anderen langweiligen Hollywood-Filmchen. Die erste Hälfte der Dokumentation zeigt die Vorbereitungen zu dem Film und wie Julie Taymor die Schauspieler auf ihre Rolle vorbereitet. Meiner Meinung nach sehr interessant, da das sonst eher vernachlässigt wird. Die zweite Hälfte geht dann auf die handelsüblichen Sachen wie die Dreharbeiten am Set, das Make-Up oder die Computereffekte ein. Über die Szenen aus dem Rechner gibt es eine eigene, knapp 10-minütige Doku, die von einem Kommentar des Verantwortlichen des Effekteteams begleitet wird. Und zu guter letzt eine Kostümgallerie und die üblichen Trailer und Teaser.

Also, wer bereit ist, sich mal auf ein etwas anderes Stück Film einzulassen, für den führt kein Weg an diesem Film und dieser DVD vorbei. Ich habe den Film mittlerweile jetzt dreimal gesehen und mit jedem neuen Ansehen fallen einem mehr Details auf. Das dokumentierende Material hilft sehr, um noch mehr Bedeutungen und Details zu erkennen, die einem sonst vielleicht kaum auffallen werden. Höchste Empfehlung!

Autor: Carsten Henkelmann
Film online seit: 27.02.2001

© 1998 - 2024: Sense of View / Carsten Henkelmann