Film Daten

Titel:
The Blair Witch Project
Originaltitel:
The Blair Witch Project
Land & Jahr:
USA 1999
Laufzeit ca.: ?
80 Min.
Regie:
Daniel Myrick
Eduardo Sanchez
Darsteller:
Heather Donahue
Joshua Leonard
Michael C. Williams
Bob Griffin
Jim King
Sandra Sánchez
Ed Swanson
Patricia DeCou
Mark Mason
Jackie Hallex
Alternativtitel:
• The Blair Witch Project - Il mistero della strega di Blair
Weitere Infos:
IMDB  OFDB

The Blair Witch Project

(Ein Kurzreview von Carsten Henkelmann)

Einleitung: Im Oktober 1994 verschwanden drei Film-Studenten spurlos in den Wäldern in der Nähe von Burkittesville, Maryland. Ein Jahr später wurden ihre Aufnahmen gefunden...

Ein Jahr vorher: Heather, Michael und Josh bereiten sich auf ihren Trip in die Wälder vor. Unterwegs übernachten sie noch in einem Motel, bis sie dann am nächsten Tag an ihrem Ziel angelangt sind. Das Auto lassen sie einfach am Straßenrand stehen und schlagen sich durchs Gehölz. Heather scheint sehr genau zu wissen wo sie lang müssen und alles wird filmisch dokumentiert. Sie verfolgen die Legende der "Hexe von Blair" und suchen im Wald nach Beweisen für ihre Existenz. An einer Stelle entdecken sie geheimnisvolle Steinhaufen. Heather ist ganz fasziniert davon und drängt die Truppe immer weiter in den Wald vorzudringen. Das das auf Dauer nicht gut geht, zeigen schon die ersten kleinen Streitereien innerhalb der Gruppe. Aber der wahre Horror beginnt für die Gruppe erst, als sie nachts unheimliche Geräusche aus dem Wald hören. Sie versuchen den Geräuschen auf den Grund zu gehen, können aber nichts entdecken. Am nächsten Morgen entdecken sie direkt neben ihrem Zelt weitere Steinhaufen, die Tags zuvor dort noch nicht lagen. Michael und Josh sind dafür, schnellstens wieder aus dem Wald zu kommen, aber die Gruppe scheint sich hoffnungslos verirrt zu haben, auch wenn Heather, die die Karte hat, das nicht zugeben möchte. In der nächsten Nacht hören sie wieder Geräusche im Wald und irgendwer oder irgendetwas zerstört ihr Lager. Jetzt wollen sie nur so schnell wie möglich aus dem Wald raus, aber die Karte ist plötzlich verschwunden. Später gibt Josh zu, daß er sie weggeworfen hat, weil er sie für überflüssig hielt. Die Gruppe irrt weiter durch den Wald und läuft dabei sogar ohne es zu merken im Kreis. Wieder schlagen sie ein Lager für die Nacht auf und auch in dieser Nacht werden sie von den gespenstischen Lauten verfolgt. Schließlich verschwindet plötzlich auch Josh, so daß Heather und Michael jetzt auf sich alleine gestellt sind. In der folgenden Nacht hören sie ihn nach ihnen schreien...

Zu diesem Film ist es recht schwer, etwas zu schreiben, ohne zuviel zu verraten. Je weniger man über die Entstehungsgeschichte des Films weiß, um so besser funktioniert er. Ich bekam im Vorfeld übers Internet schon einiges mit und bei der derzeit laufenden Marketingkampagne ist es auch schwer, diesem Thema aus dem Weg zu gehen. Deswegen dauerte es bei mir recht lange, bis ich den Hintergrund vergessen und mich auf den Film konzentrieren konnte. Ich war mehr aus Neugier, was denn eigentlich hinter diesem Hype steckt, hineingegangen, als das mich der Film als solches interessiert hätte. Aber ich bin doch verdammt positiv überrascht worden. Hat man sich erst mal an die ungewöhnliche Optik gewöhnt (verwackelte Handkameras, Unschärfen und Farbwechsel) wird man von der bedrückenden Stimmung innerhalb der Gruppe angesteckt. Der Film besteht zu 50% aus Psycho-Thriller der herberen Sorte und gänsehauterzeugendem Gruselfilm. Wie bei vielen Filmen gilt auch hier: entweder man mag ihn oder man haßt ihn. Läßt man sich auf ihn ein, so bekommt man einen Film, der bei weitem gruseliger ist als alle Nightmares, Fridays und Screams zusammen. Falls Ihr Euch den Film anschauen wollt, sucht Euch unbedingt ein Kino mit ordentlicher Dolby Digital Anlage. Die Soundeffekte tragen in den nächtlichen Szenen nämlich erheblich zur Stimmung bei. Die Idee mit dem verschollenen Filmteam, dessen Filmmaterial später gefunden und im Film auch gezeigt wirt, ist an sich nichts neues. Das gab es vor mehr als zwanzig Jahren schon bei Cannibal Holocaust.

Autor: Carsten Henkelmann
Film online seit: 05.12.1999

Leser-Kommentare

18.04.2006, 22:47:37 SmokeyMacPot

Wirklich tolle Idee so einen Film zu machen(handkamera etc.).
Hätte die Frau nich soviel geschien und wär die blöde Stelle mit der geklauten karte nicht drinnen gewesen -.- wäre sicherlich auch spannung aufgekommen^^
Und warum zur hölle war bei dieser Hütte Grafitti an der Wand ...

15.11.2005, 09:44:43 Wolfman

Wer mit "Horrorfilm" fast zwangsläufig Blut und Gewalt assoziiert, kommt hier sicher nicht auf seine Kosten. Ich habe schon eine Menge hartes Zeug gesehen und konnte selbst nach "Eraserhead" hervorragend schlafen, aber "Blair Witch Project" ist der erste und einzige Film, von dem ich nachts geträumt habe...wobei ich es allerdings noch nie erlebt habe, daß ein Film schon im Kino dermaßen polarisiert: der halbe Saal verlangte grölend sein Eintrittsgeld zurück, während die andere Hälfte förmlich in die Leinwand gesogen wurde! Könnte was damit zu tun haben, daß sich unsere Seh- den Eßgewohnheiten angenähert haben und auf Fertigfutter und Junkfood umgestiegen sind. Im Übrigen muß man kein Stühlerücker sein, um nachts allein im Wald das Fracksausen zu kriegen...es lohnt sich übrigens, den Film auf DVD im unsynchronisierten Original zu sehen, da ist die Geräuschkulisse noch westentlich dichter, und die deutschen Übersetzungen und Stimmen sind oft genug peinlich daneben.

21.08.2005, 19:32:03 Lea

Bis auf die letzten 15 Minuten fand ich den Film sehr langweilig. Dann wurde es erst richtig gut, aber diese 15 Minuten lohnen sich wirklich, denn ich sah mir den Film allein im Dunkeln an und brauchte hinterher einige Zeit um mich davon wieder zu erholen, auch weil ich dachte, das kann doch jetzt nicht das Ende sein. Insgesamt kann man die erste halbe Stunde gucken um reinzukommen und den Schluss zu verstehen und dann einfach vorspulen/Kapitel überspringen zum Ende.

08.06.2005, 17:13:01 Dietmar Kesten ( Email schreiben )

BLAIR WITCH PROJEKT

HORROR OHNE BISS

von DIETMAR KESTEN, GELSENKIRCHEN, 8. JANUAR 2005.


Drei Filmstudenten sind unterwegs nach Maryland, um dort
eine Dokumentation über die regionale Legende, der
so genannten Blair-Hexe zu drehen. Im Gespräch mit
der örtlichen Bevölkerung erfahren sie, dass dieser Mythos
noch immer lebendig zu sein scheint. Sie machen sich in die
Blair-Wälder auf, lassen die Zivilisation hinter sich, um die
Geheimnisse zu erforschen. Das Selbstvertrauen ist auf einmal
wie weggeblasen. Es zeigt sich, dass die Wiederverkehr des
Verdrängten eine Auferstehung feiert.

Die Annäherung an den Film ist nur über verschlungene Pfade
möglich. Zum einen erscheint er als gezieltes Marketing-Projekt,
zum anderen als Auffrischung nordamerikanischer Mythen,
wo das Verschwinden von Menschen in dunklen, unerschlossenen
und geheimnisumwitternden Gegenden sich in den Erzählungen
bewahrte.
Natürlich entspricht er irgendwo dem Film ?Picknick am
Valentinstag? (Regie: Peter WEIR, 1975). Dort veranstalteten
an einem australischen Sommertag, dem Valentinstag des
Jahres 1900 eine Gruppe Schülerinnen unter Aufsicht ihrer
Gouvernante ein Picknick am Fuße des Hanging Rock.
Einige Mädchen machen sich auf, um die Felsformationen
näher zu erkunden.
Ein Mädchen kehrt nach Stunden völlig hysterisch, mit
zerrissenen Kleidern und schreiend zurück, ohne sich daran
erinnern zu können, was geschehen ist. Die anderen Mädchen
bleiben verschwunden. Und auch die Gouvernante ist wie von
der Bildoberfläche verschwunden.
?Blair Witch Projekt? knüpft selbstverständlich kulturhistorisch
auch an die Literatur an, die sich mit dem plötzlichen Desaster,
das urplötzlich geschieht, beschäftigte. Zu nennen wäre die
Bandbreite der SF-Literatur, aber auch die Erzählungen und Romane
Von H. P. LOVECRAFT, Ambrose BIERCE, Jakob WASSERMANN
und anderen.
Der Film knüpft an die Esoterik an, an Aberglauben, an
Irrationalität, Spuk- und Gespenstergeschichten, und an all jene
mysteriösen Ereignisse an, die in der Kriminalgeschichte die
sogenannten ?ungelösten Fälle? sind.

So ist auch hier in dem Debütfilm von Daniel MYRICK/
Eduardo SANCHEZ nicht von der Hand zu weisen, dass sie
sich dieser Konstellationen bedienen.
Das mag der anfänglichen Überraschung einen Knick
geben; denn die Orte des Geschehens sind austauschbar
wie die Geschichte, die erzählt wird.
Das Dorf Blair und die Wälder geben ?Blair Witch Projekt?
jedoch jene seltsame Aura, die wir seit Kindesbeinen
kennen. Es sind die Urgründe der Angst, mit denen hier
gespielt wird.
Hier in der Natur, die seit Jahren ?unheimliche Todesfälle?
hervorbrachte, gehen die Studenten Heather, Michael
und Joshua mit ihren Video- und Filmkameras ausgerüstet
diesen Ereignissen nach und verirren sich dabei
aussichtslos in den Wäldern.
Je tiefer sie in sie verstoßen, um so instabiler wird ihr
Vertauen. Sie werden labil und zerbrechen an den Umständen.
Alles, was irgendwie verwertbar erscheint, wird zum Objekt
der Kamera.
Merkwürdige Dinge passieren. Zunächst sind es all die
Kleinigkeiten, die für Aufsehen sorgen. Abgebrochene Zweige,
seltsam aufgetürmte Steine, Unordnungen an ihrer
Feuerstelle, Bewegungen vor ihrem Zelt. Die massive
Bedrohung wird exzessiver.
Lautes Gebrüll im Wald, Kinderlachen, Stimmen- all das
ist Nachts wie am Tag vorhanden. Sie bewegen sich im
Kreis, bekommen Panik, ohne dass sie sich aus dieser
immer wiederkehrenden Kreisbewegung befreien können.
Die Stimmung kippt. Die Gruppe wird zunehmend
aggressiv. Die Aggressivität richtet sich gegen alles und
jeden.
Eines Morgens verschwindet einer aus der Gruppe.
Als sich die anderen auf der Suche nach ihm machen, stoßen
sie auf ein einsames Haus, in dem sich eine Reihe weiterer
unerklärbarer Ereignisse abspielen.
Monate später finden sie einen Seesack. Dieser enthält
jene Videobänder, die von den Vermissten aufgenommen
wurden: ?Blair Witch Projekt?.

Das Spiel mit den menschlichen Urängsten ist seit Anbeginn
des Films ein fester Bestandteil der Storys, die das Kino
zu bieten hat.
In einem ungemeinen Ausmaße wird alles von Rang und
Namen bedroht. Protagonisten, Mitläufer und Unbeteiligte
geraten gemeinsam in den Sog des Schreckens.
Die Gefahren lauern überall, auch jenseits des unmittelbar
Erfahrbaren. Sogar alter Häuser - wie hier - erweisen sich
als Gefahr des Bösen und ergreifen unaufhaltsam Besitz
von den Eindringlingen.
Die Gefahr kommt auch aus der Unergründlichkeit.
Nichts und niemandem ist noch zu trauen, weder Technik,
den Gesetzen der Natur, den Experten, der Autorität.
Jeder versagt. Und der verständnisvolle Nachbar zeigt
sein wahres ?Ich? bereits schon in der nächsten Situation.
Die menschlichen Wahrnehmungen sind brüchig
geworden, die Naturidylle ebenso wie die beruhigenden
Banalitäten des Normalen- all das ist fragwürdig geworden.
Im unergründlichen und im Grauen liegen Fortschrittsglauben,
Selbstzufriedenheit und Gedankenlosigkeit dicht
beieinander. Das Gewohnte und das Vertraute ist nur
die Oberfläche. Darunter liegt die dünne verletzliche Folie
des Menschen, der Abgrund, der immer nur mühsam
kaschiert wird.
Zu jeder Zeit kann Panik losbrechen und die menschliche
Existenz in Frage stellen.

Der Film lässt keinen Zweifel daran, dass er die
Tiefenpsychologie gut verstanden hat. Er knüpft ungeniert
an FREUD, JUNG, BREUER, Neurosentheorie, Sublimation
und Angstverdrängung an. Er zeigt damit ansatzweise
den Versuch einer Filmverarbeitung der Psychoanalyse.
Das ist relativ klug gemacht. Denn die oben genannten
aktuellen Tendenzen sind in vielfältiger Form auch heute
noch weit verbreitet und lassen keinen Zweifel daran
aufkommen, dass selbst die Gesellschaft nur mit diesem
Irrationalen und Untergründigen existieren kann.
Je deutlicher man diese Verweise in diese Filmproduktion
hineininterpretiert, je eklatanter mag auch die Schwäche
sein: der Versuch am Aberglauben festzuhalten, vermag
alle Bleigießer und Pendler gleichsam in Verzückung
zu setzen.
Er bindet das Angstpotential, führt aber auch direkt zum
amerikanischen Horrorfilm, wo die Apokalypse in
verschleierter Form immer wieder dargestellt wurde
(Vgl. z. B. ?The Creature From The Black Laggon?,
?War of The Worlds?).
Die Wirkung des Films im dunklen Kinosaal lässt die
Vorführung glaubwürdig erscheinen.
Doch die unklaren lokalisierten Ängste sind dann doch
eher Teenager-Verschnitte a la ?Srceam?.

Fazit:

Ein Film, der mit den Urängsten spielt. Leider sind die
dramaturgischen Merkmale steif rübergebracht.
Der mit der Handkamera gedrehte Film ist mehr was
für Hellseher, Esoteriker, Pendler, Stühlerücker
und Irrationalisten.
Schade dass die guten Ansätze verschenkt werden.

© 1998 - 2024: Sense of View / Carsten Henkelmann