Film Daten

Titel:
Milano Kaliber 9
Originaltitel:
Milano Calibro 9
Land & Jahr:
Italien 1972
Laufzeit ca.: ?
97 Min.
Regie:
Fernando Di Leo
Darsteller:
Gastone Moschin
Barbara Bouchet
Mario Adorf
Frank Wolff
Luigi Pistilli
Ivo Garrani
Philippe Leroy
Lionel Stander
Mario Novelli
Giuseppe Castellano
Salvatore Arico
Fernando Cerulli
Giulio Baraghini
Franco Beltramme
Rossella Bergamonti
Ernesto Colli
Alberto Fogliani
Imelde Marani
Sergio Serafini
Mira Vidotto
Alternativtitel:
• Caliber 9
• Contract, The
Weitere Infos:
IMDB  OFDB

DVD Daten

DVD Cover - Koch Media
Label:
Koch Media
Regionalcode / Norm:
0 / PAL
Bild / Zeit:
1.85:1 (anamorph) / 97:12
Sprachen/Ton:
Deutsch - DD 2.0
Italienisch - DD 2.0
Untertitel:
Deutsch
Extras:
  • Bildergalerie
  • Kinotrailer
  • Trailer: Ipcress - Streng geheim / Die 2 / Draculas Hexenjagd / Keinen Cent für Ringos Kopf / Heiße Katzen / Oliver Twist

Milano Kaliber 9

(Ein Review von Carsten Henkelmann)

Ugo Piazza (Gastone Moschin) wird nach drei Jahren aus dem Gefängnis entlassen. Kaum hat er wieder einen Fuß in der Freiheit, wird er von Rocco (Mario Adorf) deutlichst darauf hingewiesen, dass der "Amerikaner" (Lionel Stander) ihn sprechen will. Es wird allgemein angenommen, dass Ugo nach einem Banküberfall 300.000 Dollar irgendwo versteckt hat, bevor er verhaftet wurde. Ugo hingegen will von einem Leben als Gangster nichts mehr wissen und nur seine Ruhe haben. Dies gelingt ihm aber nicht, solange seine Unschuld nicht bewiesen ist, also muss er denjenigen zu fassen bekommen, der damals das Geld eingesackt hat...

Milano Kaliber 9 - ScreenshotMilano Kaliber 9 - Screenshot

Mit Milano Kalber 9 hat Regisseur und Drehbuchschreiber Fernando Di Leo keinen handelsüblichen Giallo oder Polizei-Actionthriller geschaffen, sondern einen harten und auch düsteren Thriller mit erstaunlich viel charakterlichem Tiefgang gedreht. Entstanden ist der Film nach einem Buch von Giorgio Scerbanenco und bietet eine tolle Riege an liebgewonnen Darstellern aus dem italienischen Exploitationkino. Neben Mario Adorf kann man Barbara Bouchet bewundern, als altmodischer (und sehr uneffektiver) Hauptkommissar tritt Frank Wolff auf, in den Nebenrollen sieht man noch das eine oder andere bekannte Gesicht.

Im Mittelpunkt steht Ugo Piazza, der am liebsten das Land verlassen möchte, aber dies nicht tun kann, weil man ihn sonst umbringen würde. Dabei bringt er auch noch seine wenigen verbliebenen Freunde in Gefahr. Von Gino (Philippe Leroy), der bei seinem blinden Vater Don Vincenzo (Ivo Garrani) lebt, leiht er sich Geld, aber Gino wird deswegen von Rocco und seinen Raufbolden verprügelt. Seine frühere Geliebte Nelly (Barbara Bouchet) musste sich auf diverse andere Männer während seiner Abwesenheit einlassen, nimmt ihn aber sofort wieder bei sich auf. Auch wenn es zunächst nicht so den Anschein macht und sie zunächst wie schmückendes Beiwerk wirkt, spielt sie doch eine nicht unwichtige Rolle in dem Spiel.

Milano Kaliber 9 - ScreenshotMilano Kaliber 9 - Screenshot

Der Film schlägt bereits vor den Anfangscredits einen derben Ton an. Als Rocco und seine Männer statt Geld nur Papierscheine bekommen, verprügeln und foltern sie drei Verdächtige. Dabei wird auch vor Gewalt gegen eine Frau nicht Halt gemacht, die durchs Zimmer geschleudert und mit dem Gesicht in eine Blumenvase gedrückt wird. Alle drei sterben schließlich aneinander gefesselt abseits der Stadt durch eine Dynamitzündung. Ein furioser und enorm temporeicher Beginn und als Zuschauer weiß man sofort, dass mit Rocco und seinen Jungs nicht zu spaßen ist. Was Ugo des öfteren am eigenen Leib erfahren muss. Zwar hält der Film diesen Gewaltlevel nicht konstant, er konzentriert doch mehr auf die weiteren Schritte Ugos, aber immer wieder gibt es kleine Gewaltspitzen, die schließlich in einer großen Schießerei in der Villa des Amerikaners münden.

Viel von der Gewalt geht wirklich von Rocco aus, der keinen Widerspruch duldet. Allerdings gerät er in einer wunderbaren Szene an seinen Meister, als Gino ihn mit deutlichen Worten dazu bringt, Ugo das abgenommene Geld, was Gino ihm zuvor geliehen hat, wieder zurück zu geben. Und das ganze auch noch vor den Augen von Roccos Männern! Rocco ist eigentlich ein Mann, der in einem anderen Moment im Film am Telefon den Tod eines Kuriers durch eine Bombe achselzuckend zur Kenntnis nimmt, ein Menschenleben bedeutet für ihn nichts. Nur der Amerikaner ist befugt ihm Befehle zu erteilen, alle anderen haben zu kuschen oder Roccos Faust schlägt zu.

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Die Polizei, allen voran der Hauptkommissar, geben dagegen kein wirklich gutes Bild ab. Ugo hat augenscheinlich Probleme mit seinen alten "Kollegen", aber anstatt ihm zu helfen macht der Hauptkommissar ihn nur noch weiter runter. Der Kommissar muss sich allerdings, in einem leicht nebenher laufenden Subplot, von seinem progressiv denkenden Kollegen Mercuri so einiges anhören. Während für den Kommissar alle Verbrecher gleich sind und ins Gefängnis gehören, sieht Mercuri die Ursachen eher in den sozialen Mißständen im Land und hält die Methoden des Kommissars für veraltet.

Ein in Details also etwas ungewöhnlicher, aber dafür um so empfehlenswerterer Thriller italienischer Bauart. Erwähnt werden muss auch die sofort im Ohr hängen bleibende Musik von Luis Enríquez Bacalov, der seit den 60er Jahren als Filmkomponist tätig ist. Er schrieb unter anderem die Soundtracks zum original Django, dem Revolutionswestern ¿Quien sabe? (Töte Amigo), dem ebenfalls von Fernando Di Leo gedrehten Thriller Il Boss (Der Terror führt Regie) und La Città delle donne (Fellinis Stadt der Frauen). Seine Musiken aus Il grande duello (Drei Vaterunser für vier Halunken) und Un Verano para matar (Summertime Killer) kamen in den beiden Kill Bill Filmen wieder zum Einsatz.

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Regisseur Fernando Di Leo war größtenteils im Exploitationgenre zuhause und drehte einige Thriller, Western und Actionfilme. Dazu gehören I Ragazzi del massacro (Note 7 - Die Jungen der Gewalt), La Bestia uccide a sangue freddo (Der Triebmörder / Das Schloß der blauen Vögel), Il Boss (Der Terror führt Regie) und Razza violenta (Söldner Attack). Gastone Moschin ist seit Mitte der 50er Jahre im Filmgeschäft als Schauspieler tätig. Dabei hat er in Filmen so ziemlich jeden Genres mitgemacht, vom Historienepos bis hin zu seiner - international gesehen größten - Rolle als Don Fanucci in The Godfather II (Der Pate 2). Barbara Bouchet ist dem Europloitation-Fan sicherlich ein Begriff. Sie spielte in vielen Gailli und Thrillern mit, darunter La Tarantola dal ventre nero (Black Belly of the Tarantula), Don't torture a Duckling oder Un Tipo con una faccia strana ti cerca per ucciderti (Clan der Killer).

Zu Mario Adorfs Italo-Einsätzen gehören unter anderem L' Uccello dalle piume di cristallo (The Bird with the Crystal Plumage / Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe), La Mala ordina (Der Mafia Boß: Sie töten wie Schakale / Der Tod des Paten) oder La Polizia chiede aiuto (Der Tod trägt schwarzes Leder). Frank Wolff kennt man aus diversen Italo-Western und Horrorthrillern wie Il Grande silenzio (Leichen pflastern seinen Weg), Dio perdona... Io no! (Gott vergibt... Django nie!) oder Gli Occhi freddi della paura (Cold Eyes of Fear). Luigi Pistilli sah man z.B. in La Principessa nuda (The Nude Princess), Mario Bavas Reazione a catena (Bay of Blood / Im Blutrausch des Satans) oder als Pollicut in Il Grande silenzio (Leichen pflastern seinen Weg). Ivo Garrani war der Prinz Vajda in Bavas Klassiker La Maschera del demonio (Black Sunday / Die Stunde wenn Dracula kommt).

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Die DVD von Koch Media präsentiert den Film in seiner ungekürzten Form und mit einem relativ guten Bild. Die Schärfe ist recht gut, wenn auch nicht unbedingt im Detail. Dafür wirken aber der Konstrast und die Farben ganz stimmig. Nur der Ton hat so leichte Macken und kleinere Aussetzer, allerdings nie so extrem das es stören würde. Lobenswerterweise wurde der italienische Originalton mit auf die DVD gepackt, auch wenn die Untertitel sich an der deutschen Synchronisation orientieren. In den Szenen, die in den alten deutschen Fassungen fehlten, springt der Ton ins italienische Original und deutsche Untertitel werden eingeblendet. Dies betrifft aber nur sehr wenige Szenen und zwar zumeist die, in denen der Hauptkommissar in soziale Diskussionen mit Mercuri verwickelt ist. Anscheinend meinten die damaligen Verleiher wohl, dass sozialkritische Gespräche den Zuschauer nur langweilen würden. Während der italienische Ton insgesamt etwas dumpfer ist, besitzt die deutsche Tonspur etwas zuviel Höhenlastigkeit und klingt stellenweise auch etwas blechern. An Extras gibt es nur den original italienischen Trailer, eine Bildergalerie sowie Trailer zu weiteren Filmen aus dem Koch Media Programm. In dem Text auf der Coverrückseite hat sich allerdings ein Fehler eingeschlichen, dort wird die Musik dem Mondo Cane Komponisten Riz Ortolani zugeschrieben.

Autor: Carsten Henkelmann
Film online seit: 25.10.2004
Letzte Textänderung: 07.08.2006

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