Film Daten

Titel:
Thriller - A Cruel Picture
Originaltitel:
Thriller - en grym film
Land & Jahr:
Schweden 1974
Laufzeit ca.: ?
106 Min.
Regie:
Bo Arne Vibenius
Darsteller:
Christina Lindberg
Heinz Hopf
Solveig Andersson
Despina Tomazani
Per-Axel Arosenius
Gunnel Wadner
Hildur Lindberg
Stig Lokrantz
Lars Lundgren
Marie Louise Mannervik
Marshall McDough
Gunnar Palm
Lennart Robertsson
Evert Soerbing
Hans-Eric Stroemberg
Stig Ström
Alternativtitel:
• Thriller - ein unbarmherziger Film
• Hooker's Revenge
• They Call Her One Eye
• Thriller
Weitere Infos:
IMDB  OFDB

DVD Daten

DVD Cover - Synapse Films
Label:
Synapse Films
Regionalcode / Norm:
0 / NTSC
Bild / Zeit:
1.66:1 (anamorph) / 106:25
Sprachen/Ton:
Schwedisch - DD 2.0
Englisch - DD 2.0
Untertitel:
Englisch
Extras:
  • TV Spot
  • 3 Trailer
  • Outtakes
  • Alternate Harbor Fight
  • Movie in Pictures
  • 5 Bildergalerien
  • Filmographien
  • Booklet mit Liner Notes

Thriller - A Cruel Picture

(Ein Review von Carsten Henkelmann)

Das Mädchen Madeleine (Christina Lindberg) verpasst den Bus und geht auf das Angebot des Autofahrers Tony (Heinz Hopf) ein, sie mit in die Stadt zu nehmen. Dort geht er mit ihr Essen und führt sie in seine Wohnung, wo er sie mit einem Schlafmittel betäubt. Danach spritzt er ihr Heroin und macht sie somit abhängig von der Droge. Sie soll nun für ihn als Prostituierte arbeiten, als Gegenleistung bietet er ihr immer die nächsten Rationen Heroin und eine kleine Beteiligung am Umsatz. Ihren Eltern schreibt er einen fingierten Brief, woraufhin die sich aus Gram das Leben nehmen. Als Madeleine davon erfährt, lernt sie Kampfsport, mit Waffen umzugehen und Auto zu fahren, um grausame Rache an Tony und auch ihrer Kundschaft zu nehmen...

Thriller - A Cruel Picture - ScreenshotThriller - A Cruel Picture - Screenshot

Thriller durfte in letzter Zeit einen kleinen Schub im Bekanntheitsgrad erfahren, war der Madeleine-Charakter (in der englischen Fassung hieß sie Frigga) doch das Vorbild für die Rolle von Daryl Hannahs Charakter Elle Driver in den beiden Kill Bill Filmen von Quentin Tarantino. Davon einmal abgesehen haben die Filme aber nicht mehr viel miteinander gemeisam, außer vielleicht noch das Rachemotiv als handlungstreibende Kraft, weshalb Kill Bill hier auch nicht mehr weiter erwähnt werden muss. Thriller kann man grob zu der Gattung "Rape'n'Revenge" zuordnen, zu denen auch Wes Cravens The Last House on the Left oder I Spit on your Grave (Ich spuck auf dein Grab)gerechnet werden. Madeleine, ein Unschuldslamm wie es im Buche steht, gerät durch falsches Vertrauen an den hinterlistigen Tony, der sie gnadenlos ausnutzt. Als Kind wurde sie bereits einmal sexuell mißbraucht und ist seitdem nicht mehr fähig zu sprechen. Daher fällt es ihr schwer um Hilfe zu bitten und sich zu wehren. Als er ihren Widerstand (scheinbar) gebrochen hat, läßt sie zunächst kalt jede Erniedrigung über sich ergehen. Die Unschuld in Form der jungen Frau wird von Männern wie auch Frauen brutal zerstört.

Dabei schreckt der Film auch nicht vor sehr expliziten Szenen zurück. Als sie ihrem ersten Freier das Gesicht zerkratzt, zahlt es ihr Tony mit dem Zerstören ihres linken Auges durch ein Skalpell heim (daher auch die Augenklappe). Und diese Szene schlägt an Intesität die berühmte Holzsplitter-im-Auge-Szene aus Lucio Fulcis Woodoo - Schreckensinsel der Zombies. Während es sich bei Woodoo ja noch um ein reines Werk der Phantastik handelt, so ist Thriller deutlich realitätsnaher inszeniert, was diese Szene dann noch unangenehmer zum betrachten macht. Einige Reviews behaupteten sogar, dass diese Szene mit einer echten Leiche gedreht wurde, aber dies dürfte ins Reich der Gerüchte gehören. Selbst in einem Interview mit dem britischen Dark Side Magazin im Jahre 2002 erwähnte Regisseur Bo Arne Vibenius nichts davon.

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Aber es ist nicht nur grafische Gewalt, vor der nicht zurückgeschreckt wurde, sondern die Erniedriegung Madeleines wird auch durch einige Hardcore-Sex-Szenen untermauert. Zwar hat Christina Lindberg diese Szenen nicht selber mitgemacht, dafür wurde eine Frau engagiert die in Sexshows auftrat, aber trotzdem ist das selbst für das Exploitationgenre eine unerwartete Verschiebung der Grenzen, was bis dahin dargestellt wurde und werden konnte. Allerdings wirken sie auch ein wenig deplaziert und plakativ, denn Hardcore-Sex in Spielfilmen funktioniert nur in den seltensten Fällen wirklich gut. Die Erniedrigung Madeleines wird so zwar drastisch verdeutlicht, aber rein filmisch funktioniert das nur bedingt. Die Hardcore-Szenen wurden in der amikanischen They Call Her One Eye Fassungen übrigens alle rausgeschnitten und auch noch einiges mehr, wodurch der Film dort meistens nur der 20 Minuten kürzeren Fassung namens Hooker's Revenge bekannt war.

Bleibt aber noch die Frage, ob trotz aller gewaltätiger und sexueller Extreme der Film als solches zu überzeugen weiß. Und die Antwort fällt sehr schwierig aus. Zunächst ist die Inszenierung ein wenig gewöhnungsbedürftig und erinnert manchmal an amerikanische Z-Movies, die mit geringstem Budget entstanden sind. Ein hohes Budget stand auch nicht für Thriller zur Verfügung, weniger als 40.000 $, was sich in einer stellenweise unzureichenden Beleuchtung, karges Setdesign und unzureichende schauspielerischen Leistungen niederschlägt. Auf der anderen Seite allerdings erhöhen diese Faktoren die Realitätsnähe des Films auch wieder.

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Was aber deutlich gegen den Film arbeitet ist seine eigene Unlogik innerhalb der Handlung. Durch Zufall liest Madeleine den gefälschten Brief an ihre Eltern und später die Antwort ihrer Eltern. Wenn der Mann Madeleines Verschwinden durch den falschen Brief erklären wollte, ist er bestimmt nicht so dumm die Adresse der Wohnung anzugeben, in der er Madelein gefangen hält. Wie also kann ein Brief ihrer Eltern ihn erreichen? Nachdem er ihren ersten Fluchtversuch verhindern konnte und sie drogenabhängig gemacht hat, darf sie später trotzdem selbständig das Haus verlassen. Aber anstatt Kampfsport zu lernen oder einen Waffenkurs mitzumachen, hätte sie genausogut zur Polizei gehen können. Möglichkeiten hätte sie zuhauf gehabt, auch wenn sie sich dadurch nicht selber an ihm hätte rächen können. Aber da außer ihr auch andere Mädchen von ihm festgehalten werden, wäre dies zumindestens eine logische Schlußfolgerung gewesen, um auch die anderen zu retten. Und dann gibt es im letzten Drittel, als sie ihren Rachefeldzug bereits begonnen hat, noch eine Schießerei mit einer Person, wo niemand weiß wo sie herkommt und wer sie ist. Bei der anschließenden Autoverfolgung hat Madeleine auch nichts besseres zu tun, als unbeteiligte Autofahrer in Unfälle zu verwickeln.

Somit handelt es sich bei Thriller durchaus um einen sehr extremen Vertreter des Exploitationgenres, der aber deutliche Mängel in der Inszenierung aufweist. Zudem baut sich die Handlung sehr langsam und sehr ruhig auf, was einige Längen verursacht. Die meisten der späteren Kampfsequenzen werden zudem in extremer Zeitlupe gezeigt. Hier macht sich die Bewunderung und der Einfluss Sam Peckinpahs bei Regisseur Vibenius bemerkbar. Häufig ist es sehr still, nur selten wird Hintergrundmusik eingesetzt, was aber auch irgendwo zu Madeleines Unfähigkeit zu sprechen passt.

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Trotz allem finden sich aber auch ein paar gute filmische Ideen in dem Film. In der Anfangssequenz, als Madeleine als kleines Mädchen mißbraucht wird, trägt sie eine gelbe Jacke und das ganze passiert auf einer Wiese, auf der lauter Ahorn-Blätter liegen. Bei ihrem ersten Fluchtversuch aus Tonys Haus hat sie ebenfalls ein gelbes Kleid an und bricht erschöpft auf einer Ahorn-Blätter bedeckten Wiese zusammen. Beides sind einschneidende Erlebnisse, die ihren Charakter und ihr Denken massiv beeinflussen. Viele Szenen wurden mit der Kamera auch aus der Sicht Madeleines aufgenommen, so schauen oder sprechen einige Menschen direkt in die Kamera. Der Zuschauer wird so unmittelbar in Madeleines Position versetzt, eine schützende Distanz kann so nicht mehr geschaffen werden, die es ermöglicht die Greueltaten aus einer sicheren Perspektive zu betrachten.

Somit ist Thriller - A Cruel Picture vornehmlich als Kuriosum des europäischen Exploitation-Kinos interessant und weniger als ein auf ganzer Linie überzeugendes Werk. Er besitzt einen gewissen Charme, was wohl aus der Mixtur von derber (S)Exploitation und Arthouse-Kino resultiert, dürfte aber den meisten entweder zu drastisch oder zu langsam sein. Als eher ganz dezent subtilen Einschub von Humor sind aber wohl die bunten Augenklappen Madeleines zu werten, die farblich immer zu ihren Klamotten passen...

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Nachdem Regisseur Bo Arne Vibenius (der auch manchmal unter den Pseudonymen Alex Fridolinski, Stan Kowalski oder Ron Silberman Jr. arbeitete) als Regie-Assistent von Ingmar Bergman bei dessen Vargtimmen (Die Stunde des Wolfs) und Persona mitgearbeitet hatte, drehte er seinen ersten Film Hur Marie träffade Fredrik, ein Familienfilm, der aber an den schwedischen Kinokassen floppte. Um den finanziellen Verlust wieder aufzufangen wollte er den kommerziellsten Film aller Zeiten drehen - was soviel bedeutete wie den extremsten Film aller Zeiten. Auf eine gewisse Art und Weise ist dies ihm auch gelungen. Das Drehbuch hatte er in drei Tagen und Nächten fertig. Zu dem Zeitpunkt war er der Leiter der Filmabteilung einer Werbefirma, die unter anderem auch Werbespots für Saab drehte. Der Film war selbst für das liberale Schweden zu heftig, weswegen er dort nach kurzer Zeit verboten wurde. Laut Vibenius gefiel aber der Film seltsamerweise emanzipierten Frauengruppen.

Christina Lindberg liefert eine relativ überzeugende Darstellung in der Rolle der Madeleine ab, wirkt in manchen Szenen aber noch ein wenig unbeholfen. Sie hatte einige Rollen in deutschen Erotikfilmchen wie z.B. Mädchen, die nach München kommen, Schulmädchen-Report 4. Teil - Was Eltern oft verzweifeln lässt oder Liebe in drei Dimensionen, drehte aber ab den 80er Jahren nichts mehr. Heinz Hopf, trotz des Namens schwedischer Abstammung, passt gut in die Rolle des Tony, den restlichen Darstellern merkt man aber doch eine gewisse Amateurhaftigkeit an. Hopf, der schon seit Mitte der 50er Jahre vornehmlich fürs Fernsehen arbeitet, war unter anderem in Ingmar Bergmans Fanny och Alexander (Fanny und Alexander) zu sehen. Regisseur Bo Arne Vibenius hat außer Thriller nur noch zwei weitere Filme gedreht, im Film ist er kurz als ein Hot Dog Verkäufer zu sehen.

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Erstmalig auf DVD präsentiert das US-Label Synapse Films den Film in seiner vollständigen und somit ungekürzten Fassung. Die Menüpunkte sind passend mit "Death" (Filmstart), "Destruction" (Kapitelwahl), "Mayhem" (Audio/Untertitel) und "Revenge" (Extras) betitelt. Beim Bild kann man sicherlich keine Qualität wie bei aktuellen Produktionen erwarten, in Anbetracht des Alters des Films und der Low-Budget Herkunft kann man mit dem Ergebnis aber mehr als zufrieden sein. Eine gewisse Körnung des Bilds ist grundsätzlich vorhanden, die Schärfe geht auch über einen relativ ordentlichen Level nicht hinaus. Dafür stimmen Farben und Kontrast. Nur die erste Hardcore-Sequenz scheint aus einer anderen Quelle zu stammen, denn da sackt die Qualität einmal richtig ab. Der Ton liegt einmal als englische Synchronisation und lobenswerterweise auch im schwedischen Original vor, dazu kann man englische Untertitel aktivieren.

Das Bonusmaterial beginnt mit einem TV Spot und drei verschiedenen Trailern. Ein Trailer ist eine Double Feature Anküdigung unter dem Namen "Hookers Revenge" mit dem Film The Photographer's Model, hinter dem sich Pete Walkers House of Whipcord verbirgt. Das "Outtake Reel" zeigt leider keine entfernten Szenen, sondern eher bekannte Szenen aus anderen Perspektiven, das ganze ist auch ohne Ton. Der "Alternate Harbor Fight" ist eine von Synapse selbst zusammengestellte Sequenz des Kampf im Hafen im letzten Drittel des Films, den sie aus Filmszenen und Material zusammengesetzt haben, das sie während der Suche nach Filmelementen gefunden haben. Dies ist zwar wenig spektakulär, zeigt aber ein paar Kampfszenen in Echtzeit, die im Film nur in Zeitlupe zu sehen sind. Was Sinn und Zweck des Features "Movie in Pictures" sein soll, bleibt unbekannt. Dies zeigt in 38 Sekunden den Film quasi in Zeitraffer anhand von einzelnen Szenenbildern.

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Die Bildergalerie-Abteilung beginnt mit dem verheißungsvollen Abschnitt "In Bed With Christina" und bietet genau das, was man darunter erwartet, nämlich ein paar nette Nacktfotos der Hauptdarstellerin. "Behind-the-Scenes" zeigt einige Aufnahmen von den Dreharbeiten und "Advertising and Promotion" ein paar Aushangbilder und Pressematerialien. Bei der "Deleted Fight Scene" gibt es die einzigen verbliebenden Bilder der Kampfsequenz zwischen Christina und Tonys Handlangern und den Polizisten, die im Film in einem Lagerhaus stattfindet. Die Originalszene, Außenaufnahmen, wurde im Entwicklungsstudio zerstört, weswegen die Sequenz in dem Lagerhaus nachgedreht werden musste. Abschließend gibt es noch Filmographien zu Bo Arne Vibenius und Christina Lindberg. Im Booklet gibt es noch kurze Liner Notes von Robert Maccuci. Die DVD ist limitiert auf eine Auflage von 25.000 Stück.

Anekdoten am Rande: Regisseur Bo Arne Vibenius war aus irgendeinem Grunde plötzlich nicht mehr damit einverstanden, dass Synapse den Film herausbringen wollten, obwohl sie offiziell die Lizenzen erworben hatten und versuchte gegen Don Mays Firma mit Drohanrufen und -emails vorzugehen. Synapse ließen sich davon aber zum Glück nicht beirren und brachten den Film wie geplant heraus. Ganz anders erging es einem kanadischen Filmfan, der seine Internetbestellungen immer an ein Postfach in den USA schicken lies, weil er nah an der Grenze wohnt. Als er mit der DVD des Films zurück über die Grenze nach Kanada wollte, wurde er von Grenzbeamten für einige Stunden festgehalten, weil sie vermuteten, dass es sich bei den Film um Kinderpornographie handelt, da die Darstellerin ihrer Ansicht nach zu jung aussah! Den gleichzeitig mitgebrachten Erotic Night of the Living Dead (In der Gewalt der Zombies) behielten sie ebenfalls ein.

Quellennachweis

Dark Side #95: Interview mit Bo Arne Vibenius

Autor: Carsten Henkelmann
Film online seit: 05.01.2005
Letzte Textänderung: 01.04.2005

Leser-Kommentare

01.04.2005, 08:40:44 Alex Fridolinski ( Email schreiben )

-KEEP UP THE GOOD WORK-
Alex Fridolinski
director of Thriller a cruel picture

29.01.2005, 17:46:07 Christian Schulze ( Email schreiben )

Absolutes Meisterwerk mit einer wirklich bedrückenden Atmosphäre. Ich habe übrigens noch nie Hardcore-Szenen gesehen, die dermaßen düster gewirkt haben. Das langsame Inszenierungstempo passt hervorragend zum Stil des Streifens. Leider sind mittlerweile sogar viele Exploitation-Fans von der Pseudo-Rasanz des ganzen Hollywood-Mists versaut worden. Insofern wird der Film wohl selbst dort nicht nur Freunde finden. Hinzufügen wäre noch, dass der Streifen unter dem Titel "Thriller - Ein unbarmherziger Film" auch in den deutschen Kinos lief. Ich vermute geschnitten - alleine schon wegen der Pornosequenzen -, habe die Fassung aber selbst nicht gesehen.

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