Film Daten

Titel:
Subconscious Cruelty
Originaltitel:
Subconscious Cruelty
Land & Jahr:
Kanada 1993-1999
Laufzeit ca.: ?
80 Min.
Regie:
Karim Hussain
Darsteller:
Brea Asher
Ivayalo Founey
Christopher Piggins
Eric Pettigrew
Martine Viale
Sophie Lauziere
Nadia Simaani
Sean Spuruey
Scott Noonan
Mylene Giasson
Sameera Hanif
Anna Berlyn
Nancy Simard
Eric Levasseur
Mitch Davis
Annette Pankrac
Weitere Infos:
IMDB  OFDB

DVD Daten

DVD Cover - Sazuma
Label:
Sazuma
Regionalcode / Norm:
2 / PAL
Bild / Zeit:
1.33:1 / 80:23
Sprachen/Ton:
Englisch - DD 2.0
Englisch - DD 5.1
Untertitel:
Deutsch, Englisch, Holländisch
Extras:
  • Trailer
  • Einleitung von Karim Hussain
  • Making-of "A Subconscious Cruelty Christmas"
  • Kurzfilm "Divided Into Zero"
  • Einleitung zu "Divided Into Zero" von Mitch Davis
  • Textinterview mit Mitch Davis
  • Behind-the-Scenes Aufnahmen von "Divided Into Zero"
  • Trailer zu "Divided Into Zero"
  • La Denière Voix
  • Unreleased Audio Track
  • Comic Strip
  • Fotogalerie
  • Booklet mit Essay

Subconscious Cruelty

(Ein Review von Carsten Henkelmann)

Karim Hussains erster Spielfilm Subconscious Cruelty bietet keine handelsübliche narrative Handlung im herkömmlichen Sinne. Dieses eher als Episodenfilm funktionierendes Werk spricht durch seine surreale Inszenierung weniger die Logik des Zuschauers, sondern vielmehr seine Empfindungen an. Unterteilt ist dieser Film in vier Episoden, die sich laut Abspann "Ovarian Eyeball", "Human Larvae", "Rebirth" und "Right Brain / Martyrdom" nennen. In "Ovarian Eyeball" sieht man nur, wie eine Frau nackt auf einer Art Altar liegt und eine andere (von der man nur die Hände sieht) ihr den Unterleib mit einem Skalpell öffnet und einen Augapfel aus ihrem Körper herausholt. Die zweite Episode "Human Larvae" ist noch das, was man am ehesten unter einer zusammenhängenden Geschichte verstehen könnte. Ein Mann, der von seiner Schwester sexuell fasziniert ist, entwickelt eine radikale Idee um sich selber zu einer Art Gott aufzuspielen. "Rebirth" zeigt einige nackte Menschen, die sich in der freien Natur im Gras und auf der Erde wälzen und in "Right Brain/Martyrdom" wird ein masturbierender Mann von seinen eigenen Dämonen heimgesucht.

Subconscious Cruelty - ScreenshotSubconscious Cruelty - Screenshot

Subconscious Cruelty zeigt radikale und auch recht brutale Szenen in einer düsteren, manchmal schon dreckig anmutenden Atmosphäre. Bis auf "Human Larvae" wird die Optik des Films von Brauntönen dominiert und nur von knalligen Primärfarben unterbrochen. Diese Szenen erinnern dabei an die Lichtspielereien eines Mario Bava oder Argentos Suspiria. Wie man als Zuschauer den Film aufnehmen sollte, verdeutlichen mehrere Texttafeln, die zu Beginn des Films eingeblendet werden:

Zitat

The human brain is split into two hemispheres... The right and the left. The right portion controls all intuitive, passionate and creative thought, while the left dominates the logical and rational. The right brain is the purest drug that breeds unhibited feeling... dreams that can bee seen...

Zitat

Destroy the left brain! Destroy your lies!

Dies sollte man sich als Zuschauer am besten gleich auf sein Sehempfinden übertragen. Der Film ist ohnehin schon recht sperrig und spricht eher ein Arthouse-Publikum und Freunde surrealer Werke an, aber trotzdem dürfte jeglicher Versuch, das Gesehene in einen logischen Kontext zu packen, zum Scheitern verurteilt sein. Man sollte schon ein Faible für surreale und schwere Stoffe haben, bevor man sich überhaupt an dies Werk herantrauen kann. Inhaltlich werden Themen wie die Erschaffung und Vernichtung menschlichen Lebens, Religion und Sexualität - und die Verbindung untereinander - angesprochen. Die einzelnen Episoden haben handlungstechnisch keinen Zusammenhang, übergeordnet allerdings schon durch die Themen die dort angesprochen werden.

Im Making-of zu dem Film erzählen die Macher Karim Hussain und Mitch Davis, dass sie mit Subconscious Cruelty "Cultural Terrosism", ein Werk wie ein "terrorist act on film" machen wollten. Dies ist ihnen auf eine gewisse Art und Weise auch gelungen, denn selten zuvor sah man eine so geballte Ansammlung von düsteren und auf manche durchaus abstoßend wirkende Szenen. Aber im Gegensatz zu anderen surrealen Erstlingswerken, wie z.B. David Lynchs Eraserhead (der Soundtrack von Subconscious Cruelty erinnert stellenweise stark an dies Werk) oder Tetsuo - The Iron Man, hat dieser Film einen entscheidenden Nachteil: er läßt den Zuschauer emotional eher kalt. Andersrum gesagt, man mag die gezeigten Bilder faszinierend finden oder sich von ihnen angeekelt fühlen, aber da eine richtige Handlung und der Bezug zu einem festen Charakter fehlt, bleibt der Film eben nur durch einige extreme Motive im Gedächtnis haften. Im Extremfall kann es passieren, dass man ab einen bestimmten Punkt all der radikalen Bilder überdrüssig wird und den Film nur noch an sich vorbeirauschen läßt. Subconscious Cruelty bekommt so noch einen Hang zum Experimentalfilm, was den meisten Zuschauern nicht unbedingt gefallen wird.

Subconscious Cruelty - ScreenshotSubconscious Cruelty - Screenshot

Mit Subconscious Cruelty wurden einige Grenzen verschoben, denn Szenen wie die Tötung eines frischgeborenen Babys, das Abziehen der Vorhaut von einem Penis und die Folter einer Jesus-Gestalt durch drei Sukkubi sind sicherlich Momente, die man so zuvor noch nie gesehen hat. Dafür muss Hussain und Davis einiger Mut zugesprochen werden. Es wäre aber falsch zu behaupten, dass Subconscious Cruelty nur eine Ansammlung von provokanten und gewaltvollen Szenen sei. Aus dem Kontext gerissen mag dies stimmen, aber innerhalb der jeweiligen Episoden wirken diese Momente durchaus stimmig. Daneben sind ihnen auch einige Szenen gelungen, die nicht abstoßen, sondern auf eine ästhetisch-künstlerische Weise sogar durchaus ansprechend sind. Interessant wäre es einmal zu sehen, wie die Filmemacher ihr Talent in einem "richtigen" Film einbringen können. Die Optik des Films und der die Atmosphäre unterstützende Soundtrack lassen erkennen, dass in den jungen Regisseuren viel Talent und Potential steckt.

Subconscious Cruelty sollte daher nur von den Mutigen unter den Filmfans angetestet werden. Wer überhaupt nichts mit surrealen Werken anzufangen weiß, macht lieber einen großen Bogen um den Film. Auch werden Splatterfans, in der Erwartung ein kleines Gorefest zu erleben, ebenfalls eher enttäuscht sein. Manche Szenen sind recht brutal, aber die künstlerische Inszenierung und das kaum-Vorhandensein einer zusammenhängenden Geschichte wird diese Zuschauerschicht eher wieder abschrecken oder gar langweilen. Der Film ist ein recht interessantes Werk und ein radikales Experiment, aber in manchen Punkten leider nicht so überzeugend um es auf eine Ebene mit grandiosen Werken wie Eraserhead oder den Filmen eines Alejandro Jodorowsky zu heben.

Subconscious Cruelty - ScreenshotSubconscious Cruelty - Screenshot

Entstanden ist der Film über den unglaublich langen Zeitraum von fast sechseinhalb Jahren. Die Dreharbeiten begannen im Februar 1994, Karim Hussain war damals erst 19 Jahre alt, und endeten offiziell erst im September 2000. Manche Schauspieler, wie z.B. Chris Piggins, sprachen bereits 1993 für eine Rolle vor. Die ersten Ideen zu Subconscious Cruelty hatte Hussain bereits mit 15 Jahren und wollte den Film zunächst als Super-8-Projekt realisieren. Als er aus seiner Heimat Otawa schließlich nach Montral ging, dort Davis traf und ihm bei mehreren Kurzfilmprojekten aushalf, beschlossen sie mehr Geld zu sammeln und auf 16mm Materialen zu drehen.

Mit Mitch Davis traf er auch auf einen großen Filmfan, der sowohl Horrorfilme von Argento, Bava oder Carpenter mochte, als auch surreale Werke wie die eines Alejandro Jodorowskys. Idealerweise hatten sie die Möglichkeit, ein großes Gebäude für ihre Studioszenen nutzen zu können. Das Budget wurde anfangs auf 40.000$ gerechnet, natürlich stand aber Geld nicht immer konstant zur Verfügung. So wurde dann schon mal die Menükarte für die Mittagspausen reduziert und auf preiswerteres Essen zurückgegriffen. Problematisch wurden die Dreharbeiten, als neu hinzugekommene Crew-Mitglieder sich nicht sonderlich begeistert davon zeigten, was Hussain und Davis dort drehten und teilweise die Dreharbeiten boykottierten oder behinderten. Die Produktion musste sogar eine Zwangspause von fast drei Jahren einlegen, weil ihnen das Originalnegativ abgenommen wurde und sie erst einen neuen Deal aushandeln mussten, um es zurück zu bekommen.

Subconscious Cruelty - ScreenshotSubconscious Cruelty - Screenshot

Der Schnitt des Films wurde an einer Maschine aus den 50er Jahren gemacht, weil ihnen das kaum Geld kostete, allerdings bestand immer die Gefahr, dass die Schnittmaschine bei einer falschen Bedienung den Film irreparabel zerstören konnte! Die Dreharbeiten waren für die vor der Kamera agierenden Schauspieler auch nicht immer angenehm. Die Szenen aus der Sequenz "Rebirth" wurden während eines nicht gerade warmen November-Monats gedreht und Chris Piggins hatte ganz besonders zu leiden. Um während einer Folterszene eine möglichst realisische Darstellung körperlicher Schmerzen zu zeigen, bat er die Crew darum, dass sie ihn während der Aufnahmen Klebeband von seiner Haut abziehen oder sich auf seine Füße stellen! In einer später gedrehten Sequenz sollte er nackt in einem Flußbett liegen. Dies wurde aber auch während eines extrem kalten Monats gedreht und das Wasser war eiskalt. Da die Aufnahmen nicht sofort im ersten Take glückten, musste er sich einige Male ins Wasser legen und geriet dabei schließlich mit Hussain aneinander, der immer noch nicht mit der Aufnahme zufrieden war.

Schließlich kam Karim Hussain sogar wegen des Films hinter Gittern. Während der Zeit des Golfkrieges kam er mit der Rohfassung und dem Trailer des Films aus den USA zurück und wollte wieder nach Kanada einreisen. Da sein Nachname während der Kriegszeiten nicht gerade vorteilhaft war, wurde er vom Zoll festgehalten und der Film erstmal gesichtet. Die danach kreideblassen Zollbeamten konfiszierten den Film, aber glücklicherweise besaßen Hussain und Davis noch das Originalnegativ des Films, das sie danach dann mit "Slappy the Blue Pig" beschrifteten... Die Premiere des Films fand schließlich bei den Filmfestspielen in Sitges, Spanien, statt.

Subconscious Cruelty - ScreenshotSubconscious Cruelty - Screenshot

Von diesem Film war bislang nur eine optisch zensierte, und somit nicht gerade attraktive, DVD in Japan erhältlich. Der rote Teppich wurde für den Film jetzt von den Österreichern Sazuma (http://www.sazuma.com/) in Kooperation mit Unexpected in Form einer super-edlen Doppel-DVD Deluxe Edition ausgelegt, die so manche angebliche Special Edition von Hollywood-Klassikern extremst verblassen läßt. Sazuma zeigte sich sehr mutig, diesen absolut nicht gerade massenkompatiblen Film in so einer aufwendigen und edlen Form zu veröffentlichen. Das Mastering und Authoring stammt von Unexpected, schon allein daran erkennbar, dass sich hier wieder die Übergangsanimationen zwischen den verschiedenen Menüs nach Wunsch abschalten lassen.

Die Bildqualität ist so gut, wie man es maximal aus einem Low-Budget-Independentfilm auf 16mm herausholen kann. Eine gewisse Körnigkeit und Bildrauschen ist stets vorhanden und Schärfe und Kontrast sicherlich auch nicht immer optimal. Hier gilt es allerdings zu beachten, wie der Film gedreht und produziert wurde. In Anbetracht dessen, kann man mit der gebotenen Qualität der DVD sicherlich zufrieden sein. An Tonformaten gibt es nur den englischen Originalton in Dolby Digital Stereo und einer 5.1 Abmischung. Da nicht gerade viele Dialoge gesprochen werden und sich eine deutsche Synchronisation auch wohl nicht rentiert hätte, gibt es hier neben den englischen und holländischen Untertiteln auch eine deutsche Untertitelspur. Alle Untertitel sind gut lesbar und heben sich deutlich vom Hintergrund ab. Wer ein gewisses Kinofeeling haben möchte, der kann als vierte Untertitelspur schwarze Balken einblenden lassen, die den Film auf ein 1.66:1 Format bringen. Allerdings kann man sich dabei dann keine der anderen Untertitel mehr anzeigen lassen.

Subconscious Cruelty - ScreenshotSubconscious Cruelty - Screenshot

An Extras gibt es auf der ersten DVD nur den Trailer zum Film, sowie eine fast 11-minütige Einleitung zu dem Film von Karim Hussain. Hier erzählt er einiges über den Film und die Dreharbeiten und gibt auch offen zu, dass es kein einfacher und logischer Film sei, sowie seine Sicht des aktuellen Kinos. Dieser Beitrag ist vor dem Film vorgeschaltet, man kann ihn aber auch einfach per Tastendruck überspringen. Die volle Ladung an Extras findet man dann auf DVD Nummer zwei. Das Making-of zum Film wurde im Jahre 2001 produziert und dauert ca. 77 Minuten. Geboten werden Interviewausschnitte mit allen wichtigen Beteiligten vor und hinter der Kamera sowie unzählige Aufnahmen von den Dreharbeiten. Der ganze Beitrag ist sehr interessant, man erfährt auch kleinere Details und bekommt vor allem eine leise Ahnung davon, wie schwierig die Dreharbeiten teilweise gewesen sein müssen. Tierschützer sollten allerdings den Teil mit den Würmern, die zu Maden umfunktioniert werden mussten, besser überspringen...

Einen eigenen Bereich nimmt dann Divided Into Zero ein, ein Kurzfilm von Mitch Davis, den er von 1996 bis 1999 neben Subconscious Cruelty an mehreren Wochenenden drehte und bei dem Karim Hussain als Kameramann aushalf. In gut 34 Minuten wird das Leben eines Mannes erzählt, von seiner Kindheit bis zum hohen Alter. Als kleiner Junge verlor er schnell hintereinander seinen Vater und seine Mutter und wird als fast Siebzigjähriger zum Kinderschänder und -Mörder. Dieser Film beinhaltet auch keinen chronologischen Verlauf, sondern springt immer wieder zwischen den einzelnen Zeitepochen hin und her. Dialoge gibt es nur in Form eines Off-Kommentar des Mannes und das auch eher wenig. Im Vergleich zu Subconscious Cruelty kann man hier dem Film um einiges besser folgen, auch wenn es trotzdem einige surreale Sequenzen gibt. Dieser Film wird auch von einer gut dreiminütigen Einführung von Mitch Davis eingeleitet.

Subconscious Cruelty - ScreenshotSubconscious Cruelty - Screenshot

Eigens für diesen Film gibt es dann noch ein weiteres Extras-Submenü. Dort gibt es ein 12-minütiges Making-of zu dem Kurzfilm, das allerdings mehr unkommentierte Aufnahmen von den Dreharbeiten darstellt. Dazu gibt es dann noch den Trailer und ein recht langes Interview mit Mitch Davis, dass man auch auf der Webseite des Ikonen Magazins findet. Abgeschlossen wird dieser Bereich von einem sechsminütigen Zusammenschnitt von Auszügen aus frühen Kurzfilmen von Mitch Davis namens A Day In The Life, The Dominant God und Reflections.

Ein weiterer Kurzfilm hat es ebenfalls auf die DVD geschafft, der 2002 mit Karim Hussain als Co-Regisseur und Co-Author mit Julien Fonfrède entstandene La Dernière Voix (The City Without Windows). Dieser Science Fiction Kurzfilm handelt von einer Welt in der Zukunft, in der es nur noch regnet und in der der Regen fast alles zerstört hat. Sogar die menschliche Fähigkeit zu sprechen. Kommunikation erfolgt nur noch über Nachrichten, die man sich selber oder anderen in die Haut ritzt. Dieser Film bietet ebenfalls eine Menge an surrealen Elementen, vermag aber durch seine ausnahmsweise mal linieare Handlung durchaus zu gefallen. Die Inszenierung ist auch hier wieder sehr düster geraten.

Subconscious Cruelty - ScreenshotSubconscious Cruelty - Screenshot

Die restlichen Extras beinhalten den vollständigen Track eines Soundtrack-Stücks, dass in Subconscious Cruelty nur teilweise zu hören ist. Außerdem noch eine Comic-Adaption von Subconscious Cruelty, die in einer Montrealer Zeitung abgedruckt wurde, sowie eine Fotogalerie und die DVD-Credits. Zu allen Extras können außerdem englische, deutsche und niederländische Untertitel eingeblendet werden. Im beiliegenden Booklet gibt es zudem noch in englisch und in deutsch verfasste Liner-Notes von Markus Stiglegger.

Autor: Carsten Henkelmann
Film online seit: 04.05.2005
Letzte Textänderung: 13.05.2005

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