Film Daten

Titel:
Heute ich... morgen du!
Originaltitel:
Oggi a me... domani a te!
Land & Jahr:
Italien 1968
Laufzeit ca.: ?
91 Min.
Regie:
Tonino Cervi
Darsteller:
Brett Halsey
Bud Spencer
William Berger
Tatsuya Nakadai
Wayde Preston
Jeff Cameron
Stanley Gordon
Diana Madigan
Doro Corai
Victoriano Gazzara
Aldo Marianecci
Alternativtitel:
• Stoßgebet für einen Hammer
• Dicke ist nicht zu bremsen, Der
• Fünf Höllenhunde spucken den Tod
• Today It's Me... Tomorrow It's You!
• Today We Kill, Tomorrow We Die!
• Today It's Me
Weitere Infos:
IMDB  OFDB

DVD Daten

DVD Cover - EMS
Label:
EMS
Regionalcode / Norm:
2 / PAL
Bild / Zeit:
1.85:1 / 90:49
Sprachen/Ton:
Deutsch - DD 2.0
Untertitel:
Deutsch
Extras:
  • Textinterview mit William Berger
  • Bio- und Filmographien (Bud Spencer, Dario Argento, William Berger)
  • Slideshow
  • Filmtrailer
  • e-m-s Trailershow

Heute ich... morgen du!

(Ein Review von Frank Meyer)

Rache ist ein Gericht, das man am Besten kalt genießt - aber nicht unbedingt allein! So sieht es zumindest der unschuldig zu 5 Jahren Zuchthaus verurteilte Bill Kiowa (Brett Halsey). Denn auch wenn er die Zeit hinter Gittern mittels einer Holzattrappe ausgiebig dazu genutzt hat, seine Schnelligkeit im Umgang mit dem Colt zu trainieren, lädt er sich zu seinem Rachfeldzug lieber ein paar "Freunde" ein. Für die Kleinigkeit von 10.000 Dollar pro Nase rekrutiert er eine aus vier eiskalten Killern bestehende Söldnertruppe: Den bärigen O'Bannion (Bud Spencer), den halbseidenen Sheriff Jeff Milton (Wayde Preston), den Falschspieler Francis 'Colt' Moran (William Berger) sowie den talentierten Heißsporn Moreno (Jeff Cameron). Mit ihrer Hilfe soll es dem asiatischen(!) Oberschurken Elfego und seiner Bande blutgieriger Comancheros an den Kragen gehen. Doch Hauptspeise Elfego (Tatsuya Nakadai) präsentiert sich ihnen bestimmt nicht auf dem Silbertablett...

Heute ich... morgen du! - ScreenshotHeute ich... morgen du! - Screenshot

Das Regie-Debüt von Produzent Tonino Cervi hat Einiges zu bieten: Als Supporting-Actor einen bärtigen Wonneproppen namens Carlo Pedersoli, der sich just das Pseudonym "Bud Spencer" zugelegt hatte, im kommenden Jahrzehnt zum Weltstar aufsteigen sollte. Außerdem eines der prägnantesten Genre-Gesichter in Gestalt von William Berger, sowie mit Brett Halsey, Wayde Preston und Jeff Cameron drei weitere etablierte Akteure, die für Freunde des mediteranen Kinos sicher ebenfalls keine Unbekannten sind. Obendrein einen Bösewicht, der sich seine darstellerischen Sporen unter keinem Geringeren als Japans Meisterregisseur Akira Kurosawa verdient hat. Und nicht zuletzt einen Drehbuch-Autor namens Dario Argento, der wenige Jahre später maßgeblich ein gewisses Subgenre namens "Giallo" prägen und zum Synonym für das neue italienische Terror-Kino werden sollte. Es gibt Filmfreunde, für die schon jeweils einer der genannten Umstände Grund genug für einen Pflichtkauf wäre - und das unabhängig von der Qualität des Ergebnisses. Aber wenn ein Film gleich so viele Talente auf der Haben-Seite zu verbuchen hat, wundert es in diesem Fall wohl nicht, dass sich das Resultat durchaus sehen lassen kann.

Zitat

Ich suche ein großen, dicken Mann mit Bart. Bill Kiowa auf der Suche nach Bud Spencer.

Der am häufigsten im Zusammenhang mit Heute ich... morgen Du! hergestellte cineastische Bezug ist sicherlich der zum traditionellen japanischen Samurai-Film. Und in der Tat verschafft allein schon der Einsatz eines japanisch-stämmigen Schurken dem Italowestern von Regisseur Cervi einen gewissen Exotenstatus innerhalb des Genres - zumal er damit dem kurzlebigen Crossover-Trend vorausgreift, mit dem findigen Produzenten Anfang der 70er auf den Eastern-Boom zu reagieren versuchten. Im Vergleich zwar weitaus weniger aufdringlich als dies später bspw. in Der Mann mit der Kugelpeitsche (Il mio nome è Shanghai Joe, 1973) oder In meiner Wut wieg ich vier Zentner (Là dove non batte il sole, 1974) der Fall sein sollte, aber wohlmöglich gerade deshalb auf interessante Art. Denn statt dem Wildwest-Treiben einfach akrobatische Flugeinlagen und fernöstliche Kampfkunst beizumischen, konzentrierte sich Cervi offensichtlich auf verträglichere Elemente des asiatischen Kinos, um seinem Film eine außergewöhnliche Note zu verleihen. Höhepunkt der gelungenen Melange ist das vor der Kulisse eines unwirklich anmutenden Waldes ausgetragene Finale, in dem der Geist Kurosawas hinter jedem Baum herumzuspuken scheint.

Apropos 'spuken'. Wenn des nächtens die Wölfe heulen und sich Messer mit schrillem Surren ihre Opfer suchen, drängt sich angesichts der düsteren Atmosphäre im finalen Waldgefecht auch noch ein anderer Vergleich auf, und man spürt auch eine gewisse Nähe zum italienischen Thriller - angesichts der Drehbuch-Beteiligung von Giallo-Meister Dario Argento ja durchaus naheliegend. Auf jeden Fall spielt Cervi hier effektiv mit Perspektive, arbeitet mit leicht verzerrenden Linsen und setzt auf gelungene Weise Toneffekte ein. Man achte nur einmal auf die für einen toten Wald erstaunlich satte Geräuschkulisse!

Heute ich... morgen du! - ScreenshotHeute ich... morgen du! - Screenshot

Bleiben wir noch einen Moment bei den löblichen Eigenschaften von Cervis Rachemär. Der Aufhänger mit einem Helden, der die Situation von Anfang an realistisch einschätzt und statt des genre-üblichen Ich-AG bei der Umsetzung seines Plans auf gekaufte Schützenhilfe setzt, stellt ein originelles Novum im traditionell eindeutig dem Einer-gegen-alle-Prinzip verpflichteten Spaghetti-Western dar. Sonst sind es nämlich eher Zweck-, Zwangs-, oder Zufallsgemeinschaften, die da gemeinsame Sache machen - und auch das meist nur, um ein kleines Päuschen auf ihrem Ego-Trip einzulegen. Klar, allein deswegen müsste man den Film sicher nicht direkt in einem Atemzug mit den großen Werken Corbuccis, Sollimas oder Leones nennen, aber warum reicht es trotz der interessanten Ansätze nicht zum ausgewachsenen Genre-Highlight?

Nun, möglicherweise gibt es einige Gründe dafür, dass Heute ich... morgen Du! außerhalb der eingeschworene Gemeinde von Italowestern-Liebhabern kaum bekannt ist bzw. höchstens als dubioses Frühwerk von Herrn Spencer einen gewissen Ruf besitzt. Z.B. fehlt es Hauptdarsteller Halsey dann doch an dem entscheidenden Bisschen Charisma, um aus ihm einen echten Leading Man zu machen. Brett Halsey ist nun mal kein Franco Nero und ergo Bill Kiowa kein Django. Da nützt auch die ähnliche Optik nichts. Gleiches gilt für Wayde Preston und Jeff Cameron, die genau wie Halsey zwar eine solide Leistung abliefern, aber ebenfalls keine entscheidenden Akzente zu setzen vermögen. Und selbst Bud Spencer, den zumindest die Werbestrategen im Nachhinein gerne auf Nummer Eins gesetzt hätten (bzw. haben, wenn man sich Covermotive und Kinoplakate so anschaut...) fehlen zu diesem Zeitpunkt nicht nur einige Pfunde zum schauspielerischen Schwergewicht. Das Front- und Haupthaar zu sortiert, sieht er in Heute ich... morgen Du! nämlich den Lookalikes späterer Spencer/Hill-Kopien noch ähnlicher als sich selbst. Einzig William Berger als aaliger Falschspieler ist einmal mehr eine Bank! Eine der ersten Paraderollen für ihn.

Heute ich... morgen du! - ScreenshotHeute ich... morgen du! - Screenshot

Eine weiterer Punkt ist die Handlung. Nicht dass die Story selbst zu dünn wäre (da gibt es weiß Gott Schlimmeres), es ist der Aufbau, dem es an Raffinesse fehlt. Nehmen wir z.B. die Szenen, in denen Bill seine 4 Söldner rekrutiert und Cervi dem Zuschauer den Zuwachs der Truppe in jeweils zwischengeschnittenen Prärie-Ritten präsentiert. Auch 1968 dürfte dieses umgekehrte 10-kleine-Negerlein-Prinzip nicht mehr als sonderlich originell durchgegangen sein. Und auch sonst übernimmt speziell im Mittelteil ein ums andere Mal Gevatter Routine die Regie und langweilt mit aneinandergereihten altgedienten Genrestandards wie dem Kutschenüberfall (Wells Fargo!!!), dem Pokerspiel, dem Barbierbesuch oder der Spurenlese-Nummer. Zu viel Wiederholung, zu wenig Variation - raffiniert geht anders. Da bedarf es schon einer ordentlichen Portion guten Willens, von einer charmanten Hommage an die Old School-Western Hollywoods zu sprechen.

Egal, Genre-Fans werden die kleineren Durststrecken zwischendrin ohnehin nicht weiter stören, und wer durchhält wird wie bereits angesprochen mit einem überaus sehenswerten Finale belohnt. Schon mal in die Augen eines wahnsinnigen Psychopathen geschaut, und zwar genau in dem Augenblick, als er von der Realität eingeholt wird?! Ja, so was gibt es hier zu bestaunen - nicht zuletzt dank des mitreißenden (Over-)Actings von Tatsuya Nakadai. Japanische Schule eben. Fast ein bisschen schade, wenn die Größe dieses Moments aufgrund formaler Schwächen nur erklärten Italowestern-Liebhabern vorbehalten bleibt.

Heute ich... morgen du! - ScreenshotHeute ich... morgen du! - Screenshot

Nachdem man Heute ich... morgen Du! dank der Mitwirkung von Tatsuya Nakadai, seinem Hackeschwert und einigen Kulissen in fernöstlicher Tradition zumindest als Vorreiter, vielleicht aber auch tatsächlich als ersten echten Vertreter des kurzlebigen Eastern-meets-Western-Trends ansehen darf, sei zum Abschluss noch kurz auf einige andere prominente Crossover-Filme verwiesen.

Spoiler

East Meets West (Crossover-Filme der 70er)

Den Anfang macht Luigi Vanzis Der Schrecken von Kung Fu (Lo straniero di silenzio, 1969), der letzte Teil der Trilogie (Ein Dollar zwischen den Zähnen, Western-Jack) um den von Tony Anthony verkörperten Fremden, den es hier tatsächlich in den fernen Osten verschlägt. Durchaus interessant, aber bei uns nur kurz im Kino zu bestaunen (und auch das erst mit mehrjähriger Verspätung Mitte der 70er). Auf eine Video- oder DVD-Verwertung wartet man hierzulande bislang vergebens. Aber wer weiß, vielleicht gibt es ja irgendwann noch mal eine Stranger-Box. Wäre doch eventuell was für die Italo-Spezialisten von Koch Media!

Heute ich... morgen du! - ScreenshotHeute ich... morgen du! - Screenshot

Der nächste ernsthafte Versuch einer Verbindung von Western und Eastern stammt von Bond-Regisseur Terence Young. 2 Jahre nach Vanzi drehte er mit beachtlicher Starbesetzung (Charles Bronson, Alain Delon, Toshiro Mifune, Ursula Andress) den Fernost-Western Rivalen unter roter Sonne (Soleil rouge, 1971), der sich zwar stilistisch und inhaltlich ein gutes Stück vom klassischen Italwestern entfernt, sich aber trotzdem sehen lassen kann.

Einen chinesischen Bösewicht findet sich auch noch im Giuliano Carnimeos humoristischem Western-Gefährt Sartana - Noch warm und schon Sand drauf (Buon funerale, amigos... paga Sartana!, 1970)n, und zwar in Form von George Wang. Aber da der nicht viel mehr asiatischen Flair hineinbringt als Koch Hopsing in Bonanza, wollen wir das mal nicht überbewerten. Immerhin fand aber Bruno Nicolais Soundtrack zu besagtem Sartana-Streifen eine zweite Heimat in Der Mann mit der Kugelpeitsche (Il mio nome è Shanghai Joe, 1973). In diesem vermutlich plakativsten Vetreter der Crossoover-Filme brillierte neben Kampfkünstler Chen Lee vor allem Klaus Kinski als Bösewicht. Die deutsche Version wurde seinerzeit zwar um einige Blutrünstigkeiten entschärft, aber nicht zuletzt der hohe Gewaltanteil verhalf dem nicht zu Unrecht auch unter dem Titel Knochenbrecher im Wilden Westen veröffentlichten Streifen zu einer gewissen Popularität, die noch im selben Jahr eine vergleichsweise lahme Fortsetzung nach sich zog, die bei uns unter dem schmerzenden Titel Alle für einen - Prügel für alle (Tutti per uno, botte per tutti, 1973) veröffentlicht wurde - ohne Starbesetzung, aber wiederum mit Klaus Kinski in der Schurkenrolle.

Heute ich... morgen du! - ScreenshotHeute ich... morgen du! - Screenshot

Der letzte Film, an dem Mann im Zusammenhang eines Exkurses zu diesem Thema nicht vorbeikommt, ist der in Zusammenarbeit mit den legendären Shaw Brothers produzierte und somit in gewisser Weise einzig echte Crossover-Film In meiner Wut wieg ich vier Zentner (Là dove non batte il sole, 1974), in dem Kampfkünstler Lo Lieh (Zhao - Der Unbesiegbare) und Westernstar Lee van Cleef (Der Gehetzte der Sierra Madre, Sabata) sich gemeinsam auf die Suche nach einem Schatz begeben, wobei die Teile der dazugehörigen Schatzkarte dummerweise als Tätowierung auf den Hinterteilen von vier Frauen verteilt wurden. Ein ziemlich überdrehtes Wildwest-Abenteuer, das man keinesfalls zu ernst nehmen sollte, grundsätzlich aber genug Einfallsreichtum an den Tag legt, um kurzweilige Unterhaltung zu bieten.

Spoiler

Nach den Erfolgen von Bud Spencer wurde wie bei so vielen anderen älteren Filmen auch hier tüchtig am Titel geschraubt und der Focus zu Gunsten des Dicken verschoben. Das Covermotiv mit einem omnipräsenten Bud spricht da ja schon eine deutliche Sprache (zumal hier ganz offensichtlich nicht einmal ein Bild aus dem Film als Zeichenvorlage gedient hat, da ein deutlich typischerer & älterer Spencer im blauen Hemd zu sehen ist). Der Dicke ist nicht zu bremsen. Stoßgebet für einen Hammer. Ja, es war die große Zeit der kreativen Titel-Entgleisungen. Zumindest eine völlig verkalauerte Nachsynchronisation blieb dem Zuschauer im Fall von Heute ich... morgen Du! erspart. Hätte schlimm werden können; denn die Erfahrung lehrt uns, dass selbst schweigende Darsteller nicht verhindern konnten, dass Filme gegen den Willen ihrer Macher für den deutschen Markt mit Hirnschmerzen verursachenden "inneren Monologen" ausgestattet wurden (siehe z.B. Joe, der Galgenvogel). Wie gesagt, zum Glück ist dies hier nicht der Fall.

Für Bud Spencer (O'Bannion) war es nach einer (bartlosen) Nebenrolle im ordentlichen Lee van Cleef-Shooter Die letzte Rechnung zahlst Du selbst (Al di la della legge, 1967) und Gott vergibt... Wir beide nie! (Dio perdona... lo no!, 1967), dem ersten Auftritt im Duo mit Herrn Hill (in Viscontis Der Leopard waren beiden nur in Nebenrollen zu sehen) und einem weiteren Beispiel für späteren Identitätsverlust (vgl. Comedy-Version: Zwei vom Affen gebissen), bereits der dritte Ritt durch den italienischen Westen. Und bis zu diesem Zeitpunkt waren seine Auftritte staubtrockene, typisch rabiate Italokost. Erste Prügelszenen mit seinem typischen Scheitelhammer gibt es hier zwar auch schon zu bewundern, nur dass Schläge und Schnittverletzungen hier tatsächlich noch zu blutigen Resultaten führen. Mit dem, wofür Bud Spencer später bekannt werden sollte, hat das kaum etwas zu tun.

Heute ich... morgen du! - ScreenshotHeute ich... morgen du! - Screenshot

Neben Bud Spencer hatte Regisseur Cervi mit dem ehemaligen Filmkritiker Dario Argento ein weiteres "junges" Cinecitta-Talent mit an Bord, dessen berufliche Zusammenarbeit mit Spencer bis zu Darios zweiter Regiearbeit Vier Fliegen auf grauem Samt (Quattro mosche di velluto grigio, 1971) halten sollte. Wie schon bei Heute ich... morgen Du! sollte Italiens berühmteste Plauze auch im 2 Jahre später entstandenen Die fünf Gefürchteten (Un Esercito di cinque uomini, 1969) zu sehen sein, wiederum nach einem Skript von Argento. Die Co-Regie-Credits, die ihm zum Teil zugedacht werden, sollte man wohl nicht überbewerten.

Tonino Cervi selbst war zum Zeitpunkt des Drehs dank Filmen wie Michelangelo Antonionis Die rote Wüste (Il deserto rosso, 1964), Die lange Nacht von 43 (La lunga notte del '43, 1960) oder Sergio Corbuccis Duell der Titanen (Romolo e Remo, 1961) als Produzent schon eine gesetzte Größe. Heute ich... morgen Du! war sein erster Versuch auch als Regisseur Fuß zu fassen, dem 10 weitere Filme folgen sollten. Der große Wurf gelang ihm nicht, und so fanden nur zwei seiner Arbeiten ihren Weg nach Deutschland: Die Erotik-Komödie Die heißen Engel (La Nottata, 1974) und das Drama Die nackte Bourgeoisie (Ritratto di borghesia in nero, 1977) mit Ornella Muti und Senta Berger in den Hauptrollen. Le Regine (1970), ein französisch-co-produzierter Eurohorror-Streifen, wurde hierzulande leider nicht gezeigt, obwohl es neben Heute ich... morgen Du! sein wohl interessantester Beitrag zum Genre-Kino sein dürfte. Als Drehbuchautor bereicherte er die Welt mit feingeistigen Stoffen wie Der Nonnenspiegel (Storia di una monaca di clausura, 1973) und Die Nonne von Verona (Le Monache di Sant'Arcangelo, 1973).

Heute ich... morgen du! - ScreenshotHeute ich... morgen du! - Screenshot

In der Hauptrolle des Django-artigen Rächers Bill Kiowa in angemessen schwarzen Berufskleidung verrichtet Brett Halsey ein wie gesagt solides Tagwerk. Als Schauspieler war er seit Anfang der 50er aktiv und bspw. als Sohnemann von Vincent Price im The Fly-Sequel Die Rückkehr der Fliege (Return of the Fly, 1959) zu sehen. Mit Heute ich... morgen Du! legte Halsey zwar seinen eindeutig besten Genre-Auftritt hin, er debütierte allerdings bereits ein Jahr früher im hierzulande nicht unveröffentlichten Uccidete Johnny Ringo (1966) von Gianfranco Baldanello (Auf die Knie Django, Zehn Cowboys und ein Indianerboy). Darüber hinaus hat Halsey so seine Erfahrungen mit diversen Größen des italienischen Films gemacht. Mit Altmeister Mario Bava drehte er nicht nur die -naja- Westernkomödie Drei Halunken für ein Halleluja (Roy Colt e Winchester Jack, 1970), sondern auch die Rashomon-Variation Vier Mal heute Nacht (Quante volte... quella notte, 1972). In den 80ern stand er z.B. für Lucio Fulci u.a in dessen Dämon in Seide (Il miele del diavolo, 1986) und When Alice Broke the Mirror (Quando Alice ruppe la specchio, 1988). Zugleich war er aber auch im letzten Teil von Francis Ford Coppolas Godfather-Trilogie zu sehen (Der Pate - Teil 3). Sein privates Glück fand Halsey übrigens mit der deutschen Heidi Brühl, die sowohl Grand Prix-Fans ("Wir wollen niemals auseinandergehn"), als auch Heimatschmonzetten (Die Mädels vom Immenhof, 1955) gut im Gedächtnis sein wird.

Mit William Berger brilliert in der Rolle des Falschspielers Francis Colt Moran natürlich eines der prägendsten Genre-Gesichter überhaupt. So war er noch im gleichen Jahr in Sergio Sollimas großartigem Von Angesicht zu Angesicht (Faccia a faccia, 1967) und ein Jahr später neben Anthony Steffen in Django spricht das Nachtgebet (Il suo nome gridava vendetta, 1968) und an der Seite von Gianni Garko und Klaus Kinski im 2ten Sartana-Streifen (Sartana - Bete um Deinen Tod) zu sehen. Und da er in Sabata (Ehi amico... c'e Sabata, hai chiuso, 1969) als Banjo beinahe Lee van Cleef die Schau stiehlt und auch noch einen Gastauftritt in Djangos Rückkehr (Django 2: il grande ritorno, 1987) hatte, darf man feststellen, dass er tatsächlich in allen großen Genre-Reihen mindestens einmal vertreten war. Unvergessen sicherlich auch sein Auftritt als Franco Neros Ziehvater im Castellaris grandiosem Spätwestern Keoma - Melodie des Todes (1976). Und der Mann hat ja noch soviel mehr gemacht...

Heute ich... morgen du! - ScreenshotHeute ich... morgen du! - Screenshot

Wayde Preston und Bret Halsey trafen sich ein Jahr später noch beim Dreh zu Der Einsame (L'Ira di Dio, 1968) wieder, während Preston und Berger noch einmal gemeinsam für Robero Mauris Sado-Western Der Gefürchtete (Sartana nella valle degli avvoltoi, 1970) vor der Kamera standen. Neben dem hier besprochenen Heute ich... morgen Du! zählt vor allem Steve "Muskelotto" Reeves Westerngastspiel Ich bin ein entflohener Kettensträfling (Vivo per la tua morte!, 1967) zu den Höhepunkten seiner Filmographie. Seinen letzten Film drehte der 1992 an Darmkrebs verstorbene Preston unter der Regie von US-Trash-Spezi Albert Pyun (Cyborg, Nemesis 1-4). Es war die misslungene Comic-Verfilmung Captain America (1991).

Mit Jeff Cameron ist ein weiterer Italowestern-Veteran mit an Bord, der u.a. in Maurizio Lucidis Ein Hallelujah für Django (La piu grande rapina del west, 1967) mitmischen durfte und später Gianni Garko in der Rolle des Sartana beerbte (Sartana - Im Schatten des Todes, Four Came to Kill Sartana). Auch den Django durfte er geben, und zwar in dem zugegebenermaßen verdammt miesen Auch Djangos Kopf hat seinen Preis (Anche per Django le carogne hanno un prezzo, 1971). Besser war dann schon Demofilo Fidanis Adios Companeros (Per una bara piena di dollari, 1971), der zumindest mit dem immer wieder gern gesehenen Klaus Kinski aufwarten konnte.

Der vielleicht beachtlichste Coup von Regisseur Tonino Cervi ist aber die Verpflichtung des Japan-Stars Tatsuya Nakadai als Oberbösewicht Elfego. Er gehörte quasi zur Stammbesetzung von Akira Kurosawa, und das im Grunde bereits seit Die sieben Samurai (Shichinin no samurai, 1954). So kennt man ihn bspw. aus Yojimbo - Der Leibwächter (1961), Kagemusha - Der Schatten des Kriegers (1980) und auch Ran (1985). Außerdem als Drogendealer Daishu in der von Tsui Hark produzierten Manga-Umsetzung Mutant City (Yao shou du shi, 1992), sowie aus dem Semi-Klassiker des japanischen Horrorkinos Kwaidan (Kaidan, 1964). Der nicht nur latent irre Blick, den man desöfteren in Heute ich... morgen Du! bewundern darf, wird ihm bestimmt auch gute Dienste geleistet haben, als er Anfang der 90er in einer Neuverfilmung des Okami-Stoffs das böse Clan-Oberhaupt Yagyu Retsudo spielen durfte!

Heute ich... morgen du! - ScreenshotHeute ich... morgen du! - Screenshot

Hinter der Kamera statt der damals noch relativ "frische" Sergio D'Offizi, der im gleichen Jahr auch an Giorgio Capitanis Das Gold von Sam Cooper (Ognuno per se, 1968) arbeitete und später u.a. mit Ruggero Deodato kooperierte. Im Zuge dieser Zusammenarbeit fotographierte er bspw. Anfang der 80er für Deodato den Kannibalen-Klassiker Nackt und zerfleischt (Cannibal Holocaust, 1980) und fügte seiner Filmographie den Exploitation-Reißer Der Schlitzer (La casa sperduta nel parco, 1980) hinzu.

Der Soundtrack stammt von Routinier Angelo Francesco Lavagnino (Die letzten Tage von Pompeji, Der Glöckner von Notre Dame)

In der Hochphase des Italowesterns war er zwar ebenfalls gut beschäftigt, mit den Großen des Genres arbeitete aber eher früher, während des Sandalen-Schwemme zusammen, wie bspw. im Fall von Leones Der Koloß von Rhodos (Il Colosso di Rodi, 1961) oder Corbuccis Macistes größtes Abenteuer (Maciste contro il vampiro, 1961). Was die Qualität des Scores zu Heute ich... morgen Du! angeht, kann man geteilter Meinung sein. Auf jeden Fall ist die Grundstimmung deutlich fröhlicher als die Handlung es nahelegen würde und die Orgelklänge im Finale erinnern angenehm an den Soundtrack zu einem gewissen Sergio Sollima-Film. Und wir wissen ja, wer dort für die Vertonung verantwortlich war...

Heute ich... morgen du! - ScreenshotHeute ich... morgen du! - Screenshot

Die digitale Auswertung des mittlerweile fast 40 Jahre alten Streifens hat e-m-s übernommen. Und für eine DVD, die bereits gut 5 Jahre auf dem Buckel hat, fällt zunächst einmal positiv auf, dass das Menü erstaunlich liebevoll animiert worden ist. Auch wenn es sich nur um einen kleinen Titel handelt, hat man sich hier richtig Mühe gegeben, was für einen positiven ersten Eindruck sorgt. Das Bild ist zwar nicht völlig störungsfrei, aber die kleineren Verunreinigungen und Knispeleien dürften lediglich Puristen stören. Von einem schmalen dauerhaften Schmutzschatten ganz, ganz links abgesehen, macht der Film meines Erachtens einen guten Eindruck. Farbgebung und Kontraste sind ordentlich, und augenscheinliche Unschärfen gibt es eigentlich nur im Vorspann, in denen die Sandkörner im Vordergrund ein klein wenig ins Schwimmen geraten. Die Tonqualität der DD 2.0 Monospur bleibt durchweg gut verständlich und ist frei von Ausfällen. Auf den Originalton musste offensichtlich zwar aus lizenzrechtlichen Gründen verzichtet werden, aber umso erfreulicher, dass e-m-s es sich trotzdem nicht hatten nehmen lassen, deutsche Untertitel für Hörgeschädigte mitzuliefern.

Zur Collector's Edition würde die übrige Ausstattung zwar nicht reichen, sie liegt dennoch knapp über dem Standard vergleichbarer Veröffentlichungen dieser Größenordnung. Bio- und Filmographien gibt es zu Bud Spencer, William Berger und Dario Argento, wobei insbesondere die Spencer-Biographie sehr ausführlich gestaltet wurde. Etwas knapper, aber immer noch durchaus informativ fallen die Informationen zu Dario Argento aus. Im Falle von Berger beschränkte man sich auf die Filmographie (leider bei allen Dreien ohne Angabe der jeweiligen Originaltitel!). Slideshow und Trailer hinterlassen dann jedoch eher einen faden Nachgeschmack; denn der Filmtrailer ist ganz offensichtlich kein Original, sondern ein neu zusammengeschustertes Werbefilmchen und dürfte für Filmfreunde entsprechend ohne nennenswerte Bedeutung sein. Auch bei der Slideshow lässt sich leider nicht erkennen, ob es sich tatsächlich um die alten Aushangfotos oder lediglich um Standbilder aus dem Film handelt. Schade, schade.

Zitat

Ich spielte einen Homosexuellen, der zu sympathisch war! - William Berger über Zensurprobleme anno 1975.

Ein echtes Highlight der Special-Sektion ist hingegen das ausführliche (Text-)Interview mit William Berger, bei dem es sich quasi um den digitalen "Reprint" eines Splatting Image-Artikels handelt. Geführt wurde das schwer informative Interview von Genre-Kenner und Vollblut-Cineast Christian Kessler (Willkommen in der Hölle), der in seinen Fragen praktisch Bergers gesamte Karriere abdeckt. Informativ, aufschlussreich und überaus unterhaltsam zu lesen. Toll!

Tja, und da es den e-m-s-Silberling mittlerweile im Geizmarkt um die Ecke schon für unter 5 Euronen zu kaufen gibt, dürfen nicht nur Menschen mit einem großen Herz für den Italowestern oder Bud Spencer-Komplettisten beruhigt zugreifen. Bei diesem Preis-Leistungs-Verhältnis uneingeschränkt empfehlenswert.

Autor: Frank Meyer
Film online seit: 19.09.2005
Letzte Textänderung: 10.10.2005

© 1998 - 2024: Sense of View / Carsten Henkelmann