Film Daten

Titel:
Ekel
Originaltitel:
Repulsion
Land & Jahr:
England 1965
Laufzeit ca.: ?
100 Min.
Regie:
Roman Polanski
Darsteller:
Catherine Deneuve
Ian Hendry
John Fraser
Yvonne Furneaux
Patrick Wymark
Renee Houston
Valerie Taylor
James Villiers
Helen Fraser
Hugh Futcher
Monica Merlin
Imogen Graham
Mike Pratt
Weitere Infos:
IMDB  OFDB

DVD Daten

DVD Cover - McOne
Label:
McOne
Regionalcode / Norm:
2 / PAL
Bild / Zeit:
1.85:1 (anamorph) / 100:17
Sprachen/Ton:
Deutsch - DD 2.0
Englisch - DD 2.0
Untertitel:
-
Extras:
  • Trailer
  • Fotogalerie
  • Biographien
  • Trailer: Infernal Affairs / High Tension / The Cooler / The Blues / Donnie Darko / Cypher / Wrong Turn / The Musketeer / Naked Weapon / May / Nirgendwo in Afrika / Bella Martha / Epsteins Nacht / Ten Minutes Older / Grabgeflüster / Money for Mercy

Ekel

(Ein Review von Carsten Henkelmann)

Die junge Carole (Catherine Deneuve) ist ein schüchterners Mädchen, dass zusammen mit ihrer älteren Schwester in einer großen Wohnung lebt. Kontakt zu Männern hat sie nur sehr wenig, lediglich Colin (John Fraser) ist sehr an ihr interessiert, aber dies Interesse kann und will sie nicht erwidern. Als ihre Schwester Hélène (Yvonne Furneaux) mit ihrem, bei Carole nicht sonderlich beliebten Freund Michael (Ian Hendry) in Urlaub fährt, kommt sie mit sich und ihrer Umwelt nicht mehr klar. Sie geht nicht mehr zur Arbeit, verkriecht sich in der Wohnung und leidet unter paranoiden Wahnvorstellungen die in imaginären Vergewaltigungen durch Männer gipfeln. Als Colin sie schließlich zur Aussprache stellen will, brechen ihre Psychosen vollends durch...

Ekel - ScreenshotEkel - Screenshot

Selten zuvor wurden die Ängste und Neurosen einer an der Grenze zur Schizophrenie stehenden Frau so glaubwürdig in einem Film festgehalten wie in Roman Polanskis Ekel. Der Film beginnt mit der Großaufnahme eines menschlichen Auges, in dem die Anfangscredits durchscrollen, dann wird langsam hinausgezoomt bis man das Gesicht von Carole erkennt. Beendet wird der Film mit einer umgekehrten Kamerafahrt auf das Auge von Carole in einem Bild, in dem sie als kleines Mädchen zu sehen ist. Ganz so, als ob die Kamera für die 90 Minuten das Innere nach außen bringt, es darstellt, um es dann am Ende wieder dorthin zu führen wo es herkam. Visualisiert werden ihre Ängste durch immer neue Risse in den Wänden der Wohnung, die stellvertretend für das Zerbröckeln ihrer eigenen Persönlichkeit stehen. Nachts erscheint jedes Geräusch ungewöhnlich laut, keine Hintergrundmusik mindert diesen Effekt. Als Zuschauer hört man das was Carole hört, sieht man das was sie sieht. Aus der eigentlichen Heimat wird ein "Haunted House", ein dunkles Gefängnis in dem sich die Räume bis ins Unendliche strecken, jegliches Licht aus ihnen zu verschwinden scheint und den Hauch der Degeneration und des Horrors trägt.

Durch ihr hübsches Aussehen ist sie natürlich ein Blickfang und ein begehrenswertes Objekt für Männer. Aber Männer machen ihr aus unbekanntem Grunde Angst. Selbst zu Colin, der sich ihr gegenüber noch ganz nett verhält und sich mit ihr verabreden möchte, behält sie eine sichere Distanz aufrecht. Als er sie küsst, ist sie mehr entsetzt als erfreut darüber. Der Vermieter der Wohnung kommt um die Miete abzuholen, ist aber recht schnell mehr an ihr als am Geld interessiert und bedrängt sie. Hinzu kommt noch, dass sie Michael, der Freund ihrer Schwester, überhaupt nicht mag. Er ist verheiratet, schläft aber mit ihrer Schwester und fährt mit ihr in Urlaub, was sie moralisch nicht vertreten kann. Außerdem stellt er stets seine Zahnbürste und sein Rasiermesser in ihrem Glas ab, was sie mit Ekel erfüllt. In ihren Augen ist diese Gewohnheit wie auch das Verhältnis zu Hélène etwas unreines, schmutziges. Auf der anderen Seite nehmen z.B. Risse in der Strassenoberfläche ihre ganze Aufmerksamkeit ein. Colin ertappt sie dabei, wie sie schweigend auf einer Bank sitzt und auf eine kaputte Gehwegplatte starrt.

Ekel - ScreenshotEkel - Screenshot

Sobald sie dann alleine in der Wohnung ist, versinkt sie mehr und mehr in einer Psychose, einer Art Delirium. Sie nimmt den Hasenbraten aus dem Kühlschrank und stellt ihn im Wohnzimmer auf einem kleinen Tisch ab, weil in dem Moment gerade das Telefon klingelt. Und dort wird er auch die nächsten Tage bleiben. Sie hat ihn vergessen und beachtet ihn auch nicht weiter, obwohl er mit der Zeit natürlich einen unangenehmen Geruch verbreitet und Insekten anzieht. Ihre sonst so bedachte Reinheit und Aversion gegen Schmutz, sie arbeitet außerdem in einem Pflegestudio, ist völlig verflogen. Als sie für einen Tag nochmal zu ihrer Arbeit geht, schneidet sie einer Kundin in den Finger und wird daraufhin entlassen, zuvor war sie schon durch extreme geistige Abwesenheit aufgefallen. Langsam aber sicher driftet sie in eine Welt hinab, in der nur sie alleine existiert und kann schließlich ab einem bestimmten Punkt nicht mehr zurück in die Realität.

Das solch eine tiefgehende psychologische Darstellung nicht nur hohes Tempo und rasanten Schnitten erzählt werden kann, dürfte sich von selbst verstehen. Die erste dreiviertel Stunde passiert auch erstmal nicht viel. Sehr langsam, Schritt für Schritt, wird das Bild von Carole aufgebaut, ihre Unsicherheiten vorgestellt und ihre Probleme mit ihrer Umwelt. Sobald dann Hélène mit Michael in den Urlaub verschwunden ist, verdichtet sich die Atmosphäre. Hat man sich bis dahin auf den Film eingelassen, so bekommt man einen sehr bedrückenden Psychothriller präsentiert, der vor allem durch die hervorragenden schauspielerischen Leistungen von Catherine Deneuve überzeugen kann. Sie stellt auf eine sehr überzeugende Art und Weise die zerbrechliche Carole dar und trägt den Film fast alleine, hinzu kommt die innovative Kameraarbeit von Gilbert Taylor.

Ekel - ScreenshotEkel - Screenshot

Ekel war Roman Polanskis erste Arbeit in Großbritannien, nachdem er in seiner Heimat Polen durch Filme wie Nóz w wodzie (Knife in the Water / Messer im Wasser) auch international bekannte Filme gedreht hatte. Danach folgten Cul-de-sac (Wenn Katelbach kommt...) und sein wohl bis dahin größter Erfolg, die Vampirkomödie Fearless Vampire Killers (Tanz der Vampire). Mit Rosemary's Baby drehte er einen weiteren erfolgreichen Horror-Psychothriller und schuf eine moderne Fassung des Film Noir mit Chinatown. Zuletzt feierte er aber einen großen Welterfolg mit dem NS-Drama Der Pianist. Catherine Deneuve stand bereits im Jahr zuvor in Les plus belles escroqueries du monde (Die Frauen sind an allem schuld) für Polanski vor der Kamera. Sie arbeitete unter anderem auch für Luis Buñuel in Belle de jour, war in dem künstlerisch angehauchten The Hunger (Begierde) zu sehen, in dem Drama Dancer in the Dark und konnte in 8 femmes (8 Frauen) wieder einen internationalen Erfolg verbuchen. Ian Hendry trat in der britischen Erfolgsserie The Avengers (Mit Schirm, Charme und Melone) auf und spielte außerdem in Filmen wie Children of the Damned, Theatre of Blood (Theater des Grauens) auf. Yvonne Furneaux sah man unter anderem in dem Hammer Remake von The Mummy (Die Rache der Pharaonen), Frederico Fellinis La Dolce Vita (Das süße Leben) oder Die Todesstrahlen des Dr. Mabuse. In der Rolle des Vermieters tritt Patrick Wymark auf, den man z.B. aus Blood on Satan's Claw (In den Krallen des Hexenjägers) kennt.

Die DVD von McOne ist von vornerein als Niedrigpreis-DVD konzipiert, so dass man leider nicht mit umfangreichem Bonusmaterial zu rechnen hat, obwohl es in den USA und Großbritannien jeweils gut ausgestattete DVDs von Criterion bzw. Anchor Bay gibt. Trotz des Alters von 40 Jahren ist das Bild auf dieser DVD echt schön geraten. Kleinere Defekte und Verschmutzungen sind vorhanden, treten aber niemals störend in Erscheinung. Durch den guten Kontrast und die Schärfe kommt die schwarz-weiß Komposition des Films gut zur Geltung und auch in dunklen Szenen erkennt man noch genug Details. An Tonspuren gibt es neben dem englischen Originalton auch noch die deutsche Synchronisation. Das Bonusmaterial besteht gerade mal aus einem Trailer, einer Fotogalerie und Biographien, sowie noch Trailer zu weiteren McOne Veröffentlichungen. Das dieser Film allerdings immer noch eine Freigabe ab 18 bzw. "Keine Jugendfreigabe" hat, verwundert doch sehr.

Autor: Carsten Henkelmann
Film online seit: 14.08.1999
Letzte Textänderung: 18.08.2004

Leser-Kommentare

05.06.2007, 10:47:03 Andreas Bätzel

Ein wirklich bemerkenswerter Film, der sowohl von der Nouvelle Vague, als auch von dem Surrealismus eines Dali oder Buñuel geprägt zu sein scheint. Sehr langsam erzählt in der ersten Filmhälfte, danach aber in seiner audiovisuell geschilderten Isolation/Paranoia/Eskalation schlichtweg brillant.

Sehr interessant wäre es wohl, die Filme von David Lynch mit "Ekel" zu vergleichen. Ich glaube, die Parallelen sind kein Zufall. Ich denke nur an den verwesenden Hasen, die langen dunklen Flure, die Haarfarbe (blond vs. schwarz) der weiblichen Darstellerinnen oder ganz allgemein, wie sich Regisseure der Psychologie ihrer Charaktere widmen und diese in verstörenden Bildern versuchen abzubilden. Faszinierend.

23.11.2005, 23:22:38 Wolfman

Eine Studie in Einsamkeit...bemerkenswert, wie
die Protagonisten, wenn sie sich nicht gerade in Oberflächlichkeiten ergehen, ständig aneinander vorbeireden und -leben. Selbst Carole fehlen vollkommen die Worte für das, was in ihr vorgeht, und die Menschen um sie herum sind viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um zu spüren, daß irgendwas ganz und gar nicht stimmt. So hat die Psychose jede Menge Zeit, um ganz im Verborgenen zu gedeihen, und als sie endlich in voller Blüte steht, ist es längst zu spät. Obwohl die Straßen voller Leute sind, lebt jeder ganz allein auf seinem eigenen Planeten...darüber kann man schon mal den Verstand verlieren...

© 1998 - 2024: Sense of View / Carsten Henkelmann