Bereits am 19. Februar 2005 sollte das filmische Highlight des Jahres stattfinden: Regisseur Enzo G. Castellari und "Django"-Darsteller Franco Nero beehren den Filmclub Buio Omega mit einem Besuch. Was zunächst wie ein Wunschtraum klang wurde schließlich Realität und so machten sich Frank und meine Wenigkeit schon früh am Samstag auf den Weg nach Gelsenkirchen.
Nachdem der Parkplatz gesichert war und man eine Stunde im Cafe gegenüber verbrachte (wo man schon mal einen Blick auf die Häppchenplatten für die Stargäste werfen konnte), ging es hinüber in den Schaunburg Filmpalast. Schon der Eintritt machte nostalgisch und ließ die Vorfreude noch weiter wachsen, denn jeder Bilderrahmen und Ausstellkasten zeigte heute nicht die Motive der aktuelle Blockbuster, sondern lauter schöne alte Plakate von Filmen an denen Castellari oder Nero beteiligt waren. Von den bereits anwesenden Gästen her machte es noch den Eindruck einer normalen Club-Veranstaltung, waren doch nur sehr wenige und vor allem Stammgäste des Clubs. Mit der Zeit wurde es aber dann doch zunehmend voller und man konnte auch einige Leute begrüßen, die man leider nicht so häufig beim Club trifft.
Dann war der große Moment da! Nero und Castellari wurden mit der eigens für diesen Abend organisierten Buio Omega Limousine vor das Kino chauffiert und betraten das Kino über einen roten Teppich unter dem frenetischen Jubel der angereisten Gäste. Dass Nero eine Sonnenbrille trug machte spätestens mit dem einsetzenden Blitzlichtgewitter Sinn, was ihn aber auch nicht davon abhielt die liebevoll aufgehängten Plakate zu bewundern. Castellari schritt mit einem Grinsen im Gesicht neben ihm her und nach einem gewaltigen Applaus wurden sie in etwas ruhigere Räumlichkeiten geleitet, während sich die Besucher ihre Plätze in dem großen Kinosaal suchten.
Die Ankunft von Franco Nero und Enzo G. Castellari. |
Kurz nach 20 Uhr begann dann die eigentliche Veranstaltung mit einer Begrüßung von Clubmitglied Sailor Ripley. Wohlwissend, dass die Leute nicht wegen ihm hier waren, wurden schließlich kurz darauf die Stargäste auf die Bühne vor der Leinwand geleitet. Nach minutenlangem Applaus und Standing Ovations bohrten sich beide Stars in die Herzen der Zuschauer, als Nero die Zuschauer als "the fans of real cinema" bezeichnete und Castellari sichtlich gerührt die große Leinwand und das (im positiven Sinne!) angestaubte Ambiente der Schaunburg hervorhob. Auch wenn Nero etwas ruhiger und zurückhaltender wirkte, konnte man doch beiden anmerken, dass ihnen der Jubel um ihre Personen gefiel. Nach kurzen einführenden Worten von Castellari, Nero und Sailor Ripley ging es dann mit dem ersten Film los: "La Polizia Incrimina La Legge Assolve" aka "Tote Zeugen singen nicht", der zudem von einigen Trailern eingeleitet wurde, darunter sogar Neros Komödie "Zwiebel-Jack räumt auf", über den er selber grinsen musste.
In diesem relativ harten Thriller spielt Nero einen Polizisten, der vergeblich versucht einen größeren Clan hochgehen zu lassen und dabei sogar seine eigene Tochter verliert. Der Film macht keine Gefangenen, von der ersten bis zur letzten Minute passiert immer irgendwas, nimmt sich zwischendurch aber dann doch immer noch mal das nötige Quentchen Ruhe, ist aber durchweg düster. Absolute Empfehlung unsererseits.
Das Interview, geführt von Christian Kessler. |
Nach einer kurzen Umbaupause fing dann das auf englische geführte Interview an, dass von Christian Kessler geführt wurde. Während Castellari gleich fröhlich drauflos redete und Witze riß ("we can talk in german, I've seen Franco talking german in the movie!"), musste Nero erst ein wenig auftauen, zeigte sich dann aber genauso auskunftsfreudig. Der größte Knaller war die Ankündigung eines neuen Westerns, mit dessen Dreharbeiten die beiden noch im Sommer/Herbst diesen Jahres beginnen wollen! Ich hab keine Ahnung, ob Castallaris spitzbübischer Humor für die Aussage verantwortlich war, dass in den ersten Minuten des Westerns Quentin Tarantino, Dario Argento und John Landis als Bösewichter von Franco Nero erschossen werden sollen, oder ob das wirklich erst gemeint war, aber allein die Vorstellung ist schon grandios. Danach gab es für die Zuschauer noch Gelegenheit, ein paar Fragen zu stellen. Abschließend wurden die beiden mit der Ehrenmitgliedschaft im Club und der Club-eigenen Auszeichnung, dem "Joe", geehrt, bis dann die Autogrammstunde an der Reihe war.
Aufgrund der hohen Besucherzahl war eine Limitierung der Unterschriften auf eine pro Gaststar beschränkt, woran sich aber leider etliche Leute nicht dran hielten und einige drängelten sich auch stumpf vor (hier zeigte sich dann deutlich, wer zum ersten Mal beim Club war, denn die Stammgäste waren in der Hinsicht ohne Fehl und Tadel), aber trotzdem gelang es irgendwie in der Zeit, jeden mit einem Autogramm zu beglücken.
Autogrammstunde, rechts unterzeichnet Enzo G. Castellari gerade mein Keoma-Plakat. |
Der letzte Programmpunkt war dann die Aufführung des Spätwesterns "Keoma". Dieser Western gehört ohnehin schon zu den besten Werken, die das Italo-Western-Genre jemals hervorgebracht hat, aber auf der großen Leinwand wirkt dieser Film gleich doppelt so gut und wir sind echt dankbar für diese Gelegenheit! Beide Filme waren ohnehin in einem sehr guten Zustand, wovon gerade "Keoma" enorm profitierte. Sowohl Castellari als auch Nero sahen sich beide Filme zusammen mit dem Publikum an, was ihren Sympathiebonus noch um einiges erhöhte. Nach dem Film klang der Abend (besser gesagt die Nacht, es war schon fast halb vier) dann noch mit einigen kurzen Gesprächen und Lobeshymnen an die Clubmitglieder aus und es ging Richtung Heimat.
Alles in allem ein unvergesslicher Abend und ein Riesenlob an den Filmclub BUIO OMEGA für die Organisation dieser Veranstaltung. Bis auf minimale Zwischenfälle (ein unsymapthischer Stinkstiefel in der Reihe neben uns, etwas chaotische Autogrammstunde), die aber nicht weiter ins Gewicht fielen, war es ein nahezu perfekter Abend und ein absolutes Highlight im Leben eines Exploitation-Filmfans. Danke, BUIO OMEGA, Danke!
Autor: Carsten Henkelmann
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